Kategorie: Patria y Libertad

Erneut geht es auf eine Reise mit Youngline (mittlerweile meine dritte), diesmal steht endlich Kuba auf dem Plan. Das Motto meines Reiseberichtes ist zugleich das Motto Kubas: „Patria y Libertad“, zu deutsch: „Heimatland und Freiheit“. Wie immer wünsche ich viel Spaß beim Lesen und freue mich über Resonanz jeder Art.

9. Tag, Freitag, 12.11.2010

TRINIDAD Kubas koloniale Vorzeigestadt

 Trinidad lebte vor allem vom Schmuggel, später vom Zucker und dem damit verbundenen Sklavenhandel. Nirgendwo auf Kuba wurde der Gewinn aus Zucker so prachtvoll versteinert: Paläste und Residenzen, Boulevards und Plätze. Zusammen mit José schlendern wir durch die Altstadt mit ihren pastellfarbenen Häusern, besichtigen das kleine Stadtmuseum sowie die Canchánchara-Bar. Nachmittags Palmen, Sand und Meer an der Playa Ancón.

Jetzt beginnt der Urlaub: Abfahrt ist laut Plan erst um 09:30h, realistisch also gegen 09:45h. Das heißt, dass wir ausschlafen dürfen, was die meisten von uns auch exzessiv ausnutzen.

Der Bus fährt los und bereits nach kurzer Zeit fahren wir in eine kleine Stadt, die wie ein Überbleibsel aus einer Zeit vor 500 Jahren anmutet: Wir erreichen Trinidad, und damit auch eine andere Welt. Ich kann nachvollziehen, dass die UNESCO die Stadt 1988 zum Weltkulturerbe ernannt hat. Trinidad war einst ein reger Umschlagplatz für Zucker und Sklaven. Daraus erklärt sich einerseits der Reichtum, der damals geherrscht haben muss und der heute noch an den Stadthäusern der Zuckerbarone zu sehen ist. Andererseits ist das auch der Grund für die seltene Optik der Straßenzüge: Die Straßen sind nicht gepflastert, es sieht eher so aus, als hätte jemand unbearbeitete Steine ausgekippt, die sich dann im Laufe der Zeit festgetreten haben. Auch die Eckenschoner, die überall in den kubanischen Städten zu sehen sind und die Funktion hatten, die Kanten der Häuser vor Beschädigungen durch große,  schwere Pferdekutschen zu schützen, sind hier nicht in Form von Stahlplatten an die Häuser angebracht – stattdessen sind Kanonen senkrecht in die Erde eingelassen worden.

Das kommt daher, dass zur Blütezeit Trinidads die Schiffe leer angekommen sind um Zucker und andere Handelswaren zu laden. Damit die Schiffe jedoch auf der Hinfahrt stabil im Wasser lagen, waren sie mit Steinen und Kanonen als Gewicht beladen. Diese wurden dann einfach in Trinidad gelassen und für die Straßen verwendet (man hatte ja genug davon).

Wir besichtigen eines der Stadthäuser und ich fühle mich nach Neuschwanstein versetzt:

Edle Hölzer an den Wänden, an der Decke und in Form von Möbeln bestimmen das Bild. Zwischen endlos vielen Möbeln, Truhen, Vasen, Kristallleuchtern etc. entdecke ich sogar einen Sekretär, der aus Tropenhölzern geschnitzt und von einem Gestell aus Meissner Porzellan getragen wird, das im bayrischen Landhausstil handbemalt wurde. Dem Kitsch sind hier wirklich keine Grenzen gesetzt und doch zeugt das Inventar von schier unermesslichem Reichtum!

Ich habe ein Element am heutigen Tage bereits vermisst und ich werde nicht enttäuscht: Natürlich geht es auch hier wieder in eine Bar, denn es muss wohl nicht erwähnt werden, dass auch Trinidad einen ganz speziellen Cocktail hat, den wir unbedingt probieren müssen. Die Zutaten sind in ihrer Kombination eher ungewöhnlich, denn das Getränk ist ein Gemisch aus Zucker, Soda, Feuerwasser (sprich: Schnaps), Honig und Eis. Gereicht wird das Getränk in einer kleinen unscheinbaren Bar namens El Canchánchara, wo wir es uns gemütlich machen und einer wirklich guten Combo zuhören.

Nach dem Pflichtprogramm haben wir Freizeit, die wir nutzen um durch die Gassen von Trinidad zu schlendern. Die Straßenhändler haben hier bereits den Tourismus entdeckt, und so hat sich über ganze Straßenzüge hinweg ein Kunsthandwerksmarkt entwickelt. Die Damen der Schöpfung verfallen in einen wahren Kaufrausch und sanieren in kürzester Zeit die Wirtschaft von Trinidad. Ich bin sicher, dass heute Abend zu unseren Ehren ein Volksfest veranstaltet wird.

Der Rest des Tages verläuft unspektakulär, immer irgendwo zwischen Strand und Bar ist mindestens einer von uns anzutreffen.

Für den Abend hat sich Mickel etwas ganz besonderes überlegt: Unweit des Hotels gibt es eine Höhle, in der sich eine Diskothek befindet, und deren Besuch steht für den Abend auf dem Programm. Es ist eine kubanische, sozialistische Diskothek mit kapitalistischer Musik – so wird es uns angekündigt und ich bin gespannt. Am Abend wird endlich das Motto der Reise gelebt: Salsa, Rum und Sinnlichkeit. Die Schweißperlen der Leidenschaft tropfen von der Decke, es ist heiß, es ist feucht und die Damen fühlen sich wie in den Film „Dirty Dancing“ versetzt. Ich werde keine Namen nennen, aber einige haben es echt krachen lassen. Gab es in eben genanntem Film die Grundregel „Dein Tanzbereich, mein Tanzbereich“, so hätte ich als Regisseur ständig unterbrechen und die Szenen neu drehen lassen müssen, denn die Regel wurde für den Rest des Abends dauerhaft gebrochen. Wann haben die Mädels wohl mal wieder die Gelegenheit in den Armen eines Kubaners zu liegen, daher sei es ihnen gegönnt.

Den Abend erlebe ich als ein Wechselbad der Gefühle: Als wir die Höhle betreten, läuft dort auf voller Lautstärke topaktuelle Musik wie zum Beispiel „Laura non ché“ von Nek (war glaube ich bei uns um das Jahr 1996 in den Charts) und weitere Lieder dieses Schnulzenbarden. Insofern bin ich froh, dass irgendwann die Musik wechselt und Salsa und Raeggaton gespielt wird (und das, obwohl das so gar nicht meine Musik ist). Später am Abend vernehmen meine Ohren sogar erste Electroklänge, was mich extrem optimistisch stimmt, doch dann nimmt das Elend seinen Lauf. Wie ich später erfahre, ist das typisch für Kuba und somit völlig normal in einer Disco, dass der DJ die Musik auflegt und irgendein anderer Typ pausenlos in das Mikrofon redet, und zwar so laut, dass man fast die Musik nicht mehr hört.

Der Kretin, der uns heute Abend mit dieser Kunst beglückt, ist ein echter Knaller: Auf der Kirmes würde er von der Straße weg engagiert, denn für den Autoscooter oder ein ähnliches Fahrgeschäft könnte man keinen Besseren finden. Er redet wirklich pausenlos, und das nicht nur während der Lieder, sondern auch noch über die Liedübergänge hinweg.

Ich entwickle an diesem Abend sechsunddreißig verschiedene Varianten, diesen Vogel ins Jenseits zu befördern, fünfundzwanzig davon haben mit dem Mikrofonkabel zu tun. Jede einzelne verschafft mir für wenige Minuten eine gewisse Genugtuung und so schaffe ich es, den Abend hinter mich zu bringen.

So habe ich halt mehr Gelegenheit, mich mit dem Ort zu beschäftigen. Die Höhle befindet sich etwa zwanzig Meter unter der Erde, und ist ein riesiger Raum, in dem künstlich drei Ebenen geschaffen wurden. An der Decke sind mehrere Moving-Heads installiert, der Großteil der Beleuchtung besteht jedoch aus statischen einfarbigen Lampen, die den Felsen anstrahlen und so für ein interessantes Bild sorgen. Auch wenn mir (wie wohl schon eindrucksvoll geschildert) die Musik absolut nicht zusagt, ist der Besuch dieser Höhlendisko ein Highlight, das ich nicht hätte missen wollen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu haben werde…

Völlig aufgekratzt treten wir gegen halb vier die Rückfahrt an und erreichen bereits nach kurzer Zeit das Hotel. Den Abend lassen wir gemütlich an einer Bar ausklingen (die extra für uns wieder geöffnet wird, denn mit so frühem Besuch hat wohl keiner der Bediensteten gerechnet), und so gegen fünf Uhr endet der Abend…

10. Tag, Samstag, 13.11.2010

TRINIDAD Salsa unter Sternen

 Ein perfekter Urlaubstag am Karibischen Meer! Abends ziehen wir durch die Gassen Trinidads: unter freiem Himmel Salsa tanzen zu Livemusik.

Ich verpasse das Klingeln meines Weckers, den ich höchstoptimistisch auf 10.30h gestellt habe. Ich werde wach um 07:30h und bin erstaunlicherweise topfit. Aus Trotz möchte ich mich noch mal umdrehen und eine Runde weiterschlafen, da geht an der Poolbar, die praktischerweise direkt vor meinem Zimmer liegt, die Party richtig los.

Daher sitze ich im 08:00h halt beim Frühstück und liege um kurz vor 09:00h bereits am Strand. Der Animateur an der Strandbar gibt gleich von Beginn an alles: Ich hole mir die ersten fünf Getränke des Tages und lege mich mit meiner Strandlektüre unter einen Palmenblätter-Schirm.

Da es sich bei dem Hotel um ein All-Inclusive-Hotel mit internationalem Publikum handelt, werden sämtliche Ansagen in vier Sprachen getätigt: Spanisch, Französisch, Englisch und Deutsch. Auch der Animateur an der Strandbar macht das in diesem Moment, er kündigt die Morgengymnastik, das sogenannte „Morning Stretching“ in eben diesen Sprachen an. Ich finde das recht skurril, denn als ich mich umschaue, sehe ich, dass ich noch immer der Einzige am Strand bin.

Später muss ich mich beeilen, denn beinahe verpasse ich das Mittagessen. Kann in dem ganzen Stress ja mal passieren, immerhin jagt hier ein Programmpunkt den nächsten: Rücken bräunen, umdrehen, Bauch bräunen, aufstehen, Getränke holen, die richtige Liege wiederfinden, überlegen welche Seite zuletzt dran war, erneut auf der Liege positionieren (weiterer Verlauf: siehe oben, je nach Bedarf beliebig oft nacheinander zu lesen). Und so ist es halt plötzlich 13:45h. Futterausgabe ist bis 14:30h, also muss ich mich beeilen. Nach dem Mittagessen setze ich mich zur Abwechslung an die Billard-Bar, mit dem Vorsatz, die Getränke mit denen an der Strandbar zu vergleichen. Dies soll anhand verschiedener empirisch ermittelter Indikatoren geschehen, zu denen unter Anderem Zubereitungszeit, Füllstand des Glases (bzw. Bechers, Gläser gibt es hier nicht), Mischungsverhältnis und Geschmack gehören. Gerne würde ich jetzt berichten, dass ich die Ergebnisse notiert, analysiert und graphisch dargestellt hätte, aber ganz so interessiert war ich dann doch nicht an der wissenschaftlichen Diskussion.

Um 20.00h treffen wir uns mit der ganzen Gruppe, Mickel hat ein Essen in einem anderen Restaurant auf dem Resort-Gelände organisiert. Wir sind die Einzigen und nehmen an der langen Tafel, die extra für uns aufgebaut wurde, Platz. Das Ambiente ist ansprechend, die Aufmachung versprüht südländisches Flair, es ähnelt insgesamt einem typischen italienischen Restaurant. Positiv ist vor allem, dass die Tulpenknicker (auch Holländer genannt) in dem Hauptrestaurant und somit weit weg von uns sind.

Die Strapazen der letzten Tage haben Spuren hinterlassen und so begeben wir uns früh auf die Zimmer, natürlich nicht ohne noch einen Abstecher zur Poolbar zu machen. Ich bin mir nämlich sicher, dass die Getränke (sämtliche heute konsumierten Getränke waren übrigens alkoholfrei, was schon mal für kritische Blicke vom Personal hinterm Tresen sorgen kann, denn Rum scheint ein essentielles Grundnahrungsmittel zu sein) hier ganz anders schmecken als an den anderen beiden Bars. Das möchte ich unbedingt heute noch klarstellen, außerdem möchte ich das Ende der kubanischen Tanzshow nicht verpassen, bei der sich zwei Männer und zwei Frauen im Ausdruckstanz mit verschiedenen Gegenständen (im Moment sind Stühle als Tanzpartner dran) üben.

11. Tag, Sonntag, 14.11.2010

TRINIDAD – SANTA CLARA Pilgerstätte mit Kultstatus

Die Küste lassen wir erst mal hinter uns und fahren nach Santa Clara, dem Wallfahrtsort des kommunistischen Kuba. Hier steht das Highlight gleich als Erstes an: der Besuch des Che-Guevara-Mausoleums. Für den Abend hält José die passenden Ausgehtipps parat – Santa Clara ist eine Universitätsstadt mit richtig kubanischem Nachtleben!

 

– noch in Arbeit  –

12. Tag, Montag, 15.11.2010

SANTA CLARA – VARADERO Dem „Commandante“ auf der Spur

Revolución in Santa Clara! 1958 fand hier die Entscheidungsschlacht zwischen den Guerilleros unter Che Guevara und Batistas Soldaten statt. Batista schickte einen Zug in diese Region, um seine Truppen im Osten der Insel zu versorgen. Der kam nie an, sondern hatte bei den Revolutionären Endstation. Nachmittags fahren wir weiter über Cárdenas in den Badeort Varadero. Wer dagegen ein paar Tage Robinson-Feeling am einsamen Sandstrand erleben will, kann in Santa Clara „Adios“ sagen und zum Cayo Las Brujas abbiegen.

 

– noch in Arbeit –

13. Tag, Dienstag, 16.11.2010

VARADERO Kubas Traumstrand

Faulenzen und Baden in Kubas beliebtestem Ferienort. Im 19. Jahrhundert begannen kubanische Haziendabesitzer, am Strand von Varadero Sommervillen zu errichten, in den 1920er Jahren folgten ihnen reiche Amerikaner, darunter auch Gangsterboss Al Capone. Abends verabreden wir uns in einer der Discos mit ihren heißen karibischen Rhythmen.

Heute steht ein ganzer Tag voll Untätigkeit auf dem Programm. Als (im wahrsten Sinne des Wortes) gebranntes Kind entscheide ich mich gegen die Variante „Strand“. Anja und Mareike haben für den Tag einen Ausflug mit einem Katamaran geplant, bei dem die Gäste zu einer Nachbarinsel transportiert werden und die Gelegenheit zum Schnorcheln haben. Das Schwimmen mit Delfinen ist ebenfalls vorgesehen. Es muss eine sehr intensive Erfahrung gewesen sein. Ich würde jetzt nicht so weit gehen zu sagen, dass die beiden schwer traumatisiert von dem Ausflug zurückkehren, doch sind sie nicht in der Lage darüber zu reden. Nur so viel konnte ich herausbekommen: Die Truppe bestand aus 50 Leuten, Essen und Getränke waren inklusive und auf der Rückfahrt mussten alle aufstehen und einen undefinierbaren Tanz auf „The Roof ist on Fire“ tanzen. Ich hoffe mal, demnächst noch mehr über diese sehr intensive Erfahrung heraus zu bekommen.

Ich habe mich gegen diese Tour entschieden, denn ich möchte es ruhig angehen lassen. Auf der Insel befindet sich eine Höhle mit dem Namen „Cueva de Ambrosio“, die man laut Reiseführer nicht verpassen sollte, und diese möchte ich mir heute anschauen. Die Entfernung vom Hotel beträgt etwa acht Kilometer, eine Lösung zur Überwindung dieser Distanz ist schnell parat: Die ganze Insel ist ein einziges großes Ferienresort, es gibt kaum eine Stelle am Strand, die nicht mit Hotels zugebaut ist. Zwischen diesen Hotels verkehrt im Fünfundvierzig-Minuten-Takt ein Hop-On-Hop-Off-Bus, den man für fünf Pesos den ganzen Tag (von morgens acht Uhr bis abends acht Uhr) nutzen kann. Das klingt für mich nach einem guten Plan, ich besorge mir in der Hotel-Lobby bei einer der zahlreichen Reisegesellschaften das entsprechende Ticket und schon geht’s los. Naja, nicht ganz, denn aufgrund der kubanischen Gelassenheit kommt der Bus mit erheblicher Verspätung.

Es ist ein Doppeldecker-Bus, der oben offen ist. Ich gehe auf das Oberdeck und habe einen tollen Ausblick auf die Umgebung – so toll, dass ich vor Begeisterung erstmal die Zielhaltestelle verpasse. Da es sich um einen Rundbus handelt, bleibt mir nichts anderes übrig, als sitzen zu bleiben, bis zur Endstation weiterzufahren und dann das Ziel von der anderen Seite erneut anzupeilen. So ein Pech aber auch! Je weiter sich der Bus dem Ende der Insel nähert, desto edler werden die Gebäude. Die meisten der Hotelanlagen sind ehemalige Sommerhäuser reicher Wirtschaftsmagnaten (z.B. die Familie DuPont, die mit dem Verkauf von Feuerzeugen, Füllern und Nylons ein Vermögen gemacht hat) oder zwielichtiger Gestalten, die auf zweifelhaftem Weg zu Ruhm und Vermögen kamen (z.B. Al Capone). Auch Batista hat es sich hier in einem weitläufigen Areal gut gehen lassen.

Irgendwann erreiche ich die Haltestelle, von der aus nur noch eine Wegstrecke von wenigen Hundert Metern vor mir liegt. An der Höhle steht ein kleiner Holzverschlag, der jedoch „unbemannt“ ist. Der Eingang zur Höhle ist offen, also trete ich ein. Es raschelt, kurz drauf fliegt ein undefinierbares Etwas knapp vor meinem Gesicht entlang. So nah bin ich in meinem ganzen Leben noch keiner Fledermaus gekommen!

Die „Höhlenwärterin“ (ich weiß nicht, ob es da eine spezielle Berufsbezeichnung gibt), kommt aus einem der Gänge mit einer Taschenlampe bewaffnet auf mich zu und sagt mir, ich könne mich gerne der laufenden Führung anschließen oder zehn Minuten warten, dann wäre sie voll und ganz für mich da. Ich entscheide mich für Tor zwei und verlasse die Höhle.

Wie versprochen tritt sie nach einiger Zeit mit einer Gruppe Touristen wieder ins Tageslicht. Ich schaue mich kurz um und bemerke, dass ich der Einzige bin, der auf die nächste Führung wartet. Mir ist das egal, ihr auch, also geht es auch schon los:

Bei der Höhle handelt es sich um ein Tunnelsystem von etwa dreihundert Metern, das aber nicht linear verläuft, sondern aus mehreren nebeneinander liegenden Räumen besteht. In der Decke befinden sich zahlreiche Löcher durch die Tageslicht fällt. Das kommt daher, dass die Pflanzen, die auf der Erdoberfläche wachsen, sich mit ihren Wurzeln in den Boden eingegraben und diesen an einigen Stellen zum Einsturz gebracht haben. Dadurch ergibt sich ein interessantes Lichtspiel, dass bei Mondschein noch viel eindrucksvoller sein soll. So lange möchte ich nicht warten, aber es ist auch so schon beeindruckend, denn der Raum, in dem ich stehe, hat schon etwas Sakrales. Sakral ist ein gutes Stichwort, denn diese Stimmung haben schon die Ureinwohner vor etwas über 3500 Jahren empfunden. Die Höhle diente damals bereits als Kultstätte für religiöse Zeremonien. Die Sklaven im 18ten Jahrhundert haben hier ebenfalls ihre kultischen Rituale durchgeführt, aus beiden Epochen sind noch heute zahlreiche Wandmalereien (insgesamt 47 Stück) erhalten.

Die Führerin deutet mir stehenzubleiben, was ich auch tue, denn sie hält die Taschenlampe an die Decke und ich kann somit den Weg nicht mehr sehen. Die Decke ist übersät von kleinen halbkugelförmigen Aussparungen, die das Wasser im Laufe der Jahrtausende in den Stein gewaschen hat. In einer dieser Kuhlen direkt über meinem Kopf und somit gerade einmal dreißig Zentimeter von meiner Nasenspitze entfernt entdecke ich ein schwarzes Etwas, dass von der Decke hängt – eine Fledermaus, ein Muttertier, wie die Führerin mir mitteilt. Ich frage sie, woran sie erkennt, dass es ein Muttertier ist, und sie leuchtet in die nächste Kuhle, in der sich acht sieben Tage alte Fledermäuse auf der Suche nach Wärme aneinander drücken. Tief beeindruckt verlasse ich die Höhle und setze mich für ein paar Minuten vor den Eingang.

Dann kommt auch schon der Bus Richtung Zentrum, ich steige ein und los geht die Fahrt, bei der ich mir die Luxusanlagen noch einmal anschauen kann. An der 42. Straße springe ich ab, denn dort sehe ich einen Supermarkt, in dem ich wohl etwas zu trinken kaufen könnte. Ich schaffe es, die Türe zu öffnen und etwa einen Meter in den Laden zu gehen, da werde ich auch schon von einer wichtig aussehenden Person freundlich, aber bestimmt, gebeten, unverzüglich den Laden zu verlassen. Da dämmert es mir erst, dass dies ein Supermarkt ausschließlich für Kubaner ist, ich bin also unerwünscht. Außerdem verfüge ich sowieso nicht über Pesos Cubanos und mit dem Peso Convertible kann man hier nicht bezahlen. Schön, dass im Sozialismus doch alle so gleich sind, dass es sogar zwei Währungen gibt, die das Volk in verschiedene Klassen trennen: Wer den Pesos Convertible hat, ist der König, alle anderen haben Pech gehabt.

Den Rest des Tages verbringe ich am Strand, ein paar von uns spielen ein paar Runden Beachvolleyball, wobei ich noch einmal alle meine Kenntnisse aus dem Schulsport reaktivieren kann.

Abends ziehen noch einige los, um in Varadero eine Disko zu besuchen. Aufgrund meiner Erfahrungen in der Höhlendisko entscheide ich mich dagegen und bin dabei nicht der einzige: Die übliche Gruppe sitzt wieder beisammen und wir verbringen einen schönen Abend bei Mondschein und Blick auf das Meer.

14. Tag, Mittwoch, 17.11.2010

RÜCKFLUG VON HAVANNA

Bis zum Abend bleibt jede Menge Zeit für einen relaxten Urlaubsausklang am Strand und für letzte Besorgungen: Vielleicht eine Flasche Rum für die Bar zu Hause? Schließlich bringt uns José zum Flughafen von Havanna, wo wir am späten Abend mit Iberia zum Rückflug starten (Flugdauer ca. 14 Std.).

 

Der letzte Tag plätschert ereignislos daher: Um 13.00h müssen wir auschecken, was ein bisschen ungünstig ist, weil wir so an das Hotel gebunden und große Ausflüge nicht mehr möglich sind. Das Wetter ist traumhaft, es ist heiß und die Sonne knallt vom Himmel, und so steht halt Strand auf dem Programm, nur einige Unterbrechungen nehmen wir in Kauf um die Futterausgabe nicht zu verpassen. Das Essen ist hier eh so eine Sache, die Regeln sind hart: Wer zu spät kommt, bekommt keinen Teller, denn die Anzahl ist begrenzt. Aber wir haben uns in den letzten Tagen daran gewöhnt, schon mindestens zwanzig Minuten früher da zu sein, und heute zahlt sich das Training aus.

Den Check-out bringen wir auch souverän hinter uns, allerdings wundert es mich nicht, dass Mickel später auf mich zukommt und mich fragt, ob ich meine Zimmerkarte abgegeben hätte. Habe ich, begleitet von einem laut und deutlich ausgesprochenen „twelve-thirty-seven“. Die hochmotivierte Mitarbeiterin an der Rezeption hat daraufhin meine Karten entgegengenommen und das Thema war für mich erledigt. Nun merke ich, dass sie (a) kein Englisch kann, (b) überfordert war und (c) aufgrund von (a) nicht in der Lage war, mich noch einmal nach meiner Zimmernummer zu fragen, die ich ihr dann auch gerne aufgemalt hätte.

Langsam kehrt die Realität zurück in unsere Köpfe, denn der Bus rollt vor und die Abfahrt rückt näher. Es ist 17.00h, der erste Abschied steht bevor, denn sechs unserer Mitreisenden bleiben noch ein paar Tage länger im Hotel.

Mindestens für eine Person ist das auch ganz gut so, denn wir haben einen weiteren gesundheitlichen Ausfall zu beklagen. In ihrem Zustand wäre die etwa 18stündige Rückreise wahrlich kein Vergnügen gewesen. Claudia, ich wünsche Dir gute Besserung und hoffe, dass Du trotzdem noch eine schöne Zeit in Varadero hast.

Varadero liegt in tiefer Trauer aufgrund unserer Abreise: Der Himmel verdunkelt sich, ein kühler Wind kommt auf, unsere Fahrt nach Havanna wird von einem Gewitter mit zeitweise kräftigem Regen begleitet.

Zum Flugzeug gibt es nichts zu sagen, es ist die gleiche Maschine wie auf dem Hinflug, daher verweise ich an dieser Stelle auf meinen Beitrag vom ersten Tag. Ich bin heilfroh, dass wir einen Nachtflug vor uns haben, denn als ich als einer der Letzten das Flugzeug betrete, habe ich ein ungutes Gefühl, welches sich schnell bewahrheitet: Fast alle Plätze sind bereits besetzt, nur neben Anja ist noch ein Platz frei. Um diesen zu erreichen muss ich aber erstmal an Big Mamas dicker Schwester vorbei, die den Platz am Gang, sowie die Hälfte meines Sitzes belegt. Als ich ihr andeute, dass ich auf den freien Platz möchte („möchte“ ist gelogen, aber es bleibt mir ja nichts anderes übrig), dauert es einige Zeit, bis sich eine Massenbewegung in Gang setzt. Dafür bin ich ihr nicht mal böse, denn die Sitze bei der Iberia sind so unmenschlich schmal, dass sie aufgrund ihrer Masse kaum eine Chance hat; beim Hinsetzen muss sie viel Kraft aufwenden und als sie endlich sitzt, kann ich sehen, wie sich die Handstützen in ihr Fleisch drücken. Der Sicherheitsgurt ist für sie auch zu klein, die Stewardess hilft mit einem Kleinkindgurt aus, der kurzerhand als Verlängerung benutzt wird.

Wie gesagt bin ich froh über den Nachtflug, denn es ist so eng in dem Sitz (zumal es der Passagier vor mir es sich nicht nehmen lässt, seinen Sitz ganz nach hinten zu klappen – ich wollte schon immer mal mit einem fremden Mann auf meinen Knien einschlafen), dass mir gerade einmal geschätzte dreißig Zentimeter bis zum vorderen Sitz bleiben. Bei Anja und Simone sieht es auch nicht besser aus. So überkommt mich aber nach kurzer Zeit ein tiefer Schlaf und etwa eine Stunde vor der Landung werde ich wach, denn es gibt Frühstück.

Bei der Ankunft in Madrid trennen sich unsere Wege, denn wir verstreuen uns wieder über ganz Deutschland und die Schweiz. Die Strecke zum Gate ist wieder lang, wir laufen durch endlose Korridore, eine Rolltreppe runter, wieder durch endlose Korridore usw. (für die weitere Wegbeschreibung verweise ich, um das Ganze ein wenig abzukürzen, auf meinen Beitrag vom ersten Tag, der Weg ist identisch, nur diesmal geht es in entgegengesetzte Richtung).

Am Gate haben wir dann doch noch die Gelegenheit, uns von unseren treuen Weggefährten zu verabschieden, denn der Flieger nach Frankfurt startet kurz vor unserem am schräg gegenüberliegenden Gate. Nun trennen sich unsere Wege also endgültig.

Die Maschine nach München betreten wir pünktlich und doch starten wir mit einer halben Stunde Verspätung – eine Information über den Grund bekommen wir nicht, manchmal möchte man bestimmte Dinge aber auch gar nicht wissen. Ich erinnere mich an einen geflügelten Satz der letzten Tage und passe diesen kurzerhand den geografischen Gegebenheiten an: „Das ist Spanien“, denke ich mir und lehne mich zurück…