19.04.2008

Aufgrund des wahrhaft sommerlichen Wetters (15°C; und zwar über Null!) habe ich beschlossen, heute eine kleine Sightseeing-Tour zu veranstalten. Auf dem Plan standen der Dingle Tower und der Chocolate Lake.
Nachdem ich mit dem Bus zum Shopping-Center gefahren bin, wo ich umsteigen musste, habe ich dort erfahren, dass ich auf den Anschlussbus 55 Minuten hätte warten müssen. Da mir das zu lang war, habe ich meine Pläne spontan geändert.
Ich hatte nun also die „Mord und Totschlag“ Tour vor mir, die mich unter anderem nach Spryfield und Leiblin Park führen sollte. Dabei handelt es sich die eher zwilichtigen Stadtteile von Halifax, von denen mir mehrere Leute gesagt haben, man solle dort nicht nachts hingehen (unter anderem haben das zwei Personen gesagt, die dort wohnen, und die sollten es wohl wissen). Ich als Katastrophen-Tourist habe mich also aufgemacht, diese Orte zu erkunden. Aufgrund der Beschreibungen und der Dinge, die hier in den vergangenen Monaten in den Zeitungen zu lesen waren (letzte Woche hat in Spryfield ein Mord stattgefunden, der so auch in einem Splatterfilm zu sehen sein könnte) habe ich eine trostlose Plattenbausiedlung und eine Atmosphäre wie nachts um halb vier in Berlin-Marzahn erwartet. Naja, so kann man sich täuschen: Plattenbau gibt es hier nicht, denn dafür bräuchte man schließlich Platten, und die sind selten aus Holz. Wie bereits zuvor öfter berichtet, bestehen hier ungefähr 95% der Häuser aus Holz.
Bei Tag betrachtet sehen die Stadtteile sogar attraktiver aus als „downtown“ Halifax, aber ich war ja auch nicht nachts da.

Denkmal

Im zweiten Teil der Tour habe ich mir die historischen Friedhöfe angeschaut.
Der „Old Burying Ground“ befindet sich an der Kreuzung Barrington Street / Spring Garden Road. Er besteht seit dem 21. Juni 1749. Somit wurde das erste Grab genau einen Tag nach der Ankunft der englischen Siedler ausgehoben. Bis zum Jahr 1853, als der Betrieb für diesen Friedhof eingestellt wurde, wurden hier über 12,000 Menschen beerdigt.
Übrigens: Wer Vorfahren hat, die dort beerdigt sind, kann diese nur zwischen Mai und Oktober besuchen. Die restliche Zeit ist der Friedhof geschlossen (Ein Friedhof, der Winterpause macht. Sowas habe ich in Deutschland noch nicht gesehen, aber bei den Kanadiern wundert man sich über gar nichts mehr).

Holy Cross Cemetery Anschließend bin ich noch zum Holy Cross Cemetery gegangen. Auf diesem befindet sich eine Kapelle, die eine interessante Entstehungsgeschichte hat:
Der offizielle Name der Kapelle lautet: „Our Lady of Sorrows Chapel“, unter Halifaxiensern ist sie jedoch bekannt als die „Kirche, die an einem Tag erbaut wurde“. Hintergrund ist folgender: Am 31. August 1843 haben sich ca. 1,800 Menschen nach dem Gottesdienst in der Saint Mary’s Basilica versammelt und sind in einer Prozession zum Holy Cross Cemetery gegangen, der an diesem Tag eingeweiht werden sollte. Dort angekommen haben sie die Kapelle gebaut, die um 19.00h am gleichen Tag fertiggestellt wurde. Apropos Friedhof und Tod: In England gibt es ein gesetzlich festgehaltenes Sterbeverbot. Dieses untersagt es, im Westminster Palace zu sterben, da dieses Recht ausschließlich Mitgliedern der Königsfamilie vorbehalten ist. Hintergrund: Der Westminster Palace ist ein königlicher Palast, somit hätte der Tote Anspruch auf ein Staatsbegräbnis. Passiert es dennoch, dass jemand dort sein Leben lässt, wird die Sterbeurkunde (das ist sowieso das beste Wort überhaupt. Ich dachte immer, eine Urkunde gäbe es nur für besondere Leistungen…) auf das nächstgelegene Krankenhaus, das Saint Thomas Hospital, ausgestellt. Der letzte Fall stammt aus dem Jahr 1983, als ein walisischer Minister im Palast das Leben aushauchte.
Auch Frankreich hat ein Sterbegesetz erlassen: Die Gemeine Le Lavandou hat vor einigen Jahren ihren Bewohner das Sterben verboten. Der Friedhof war nämlich wegen Überfüllung geschlossen. Wer kein Grab reserviert hatte und tortzdem im Heimatort begraben werden wollte, dem wurde das Sterben untersagt (so einfach ist das in Frankreich!). Drei Monate hüteten sich selbst die ältesten Bewohner dahinzuscheiden. Inzwischen schwingt der Tod auch dort wieder die Sense – auf dem neuen Friedhof…(Nachzuprüfen ist dies bei „Galileo“ in dem Podcast „Top 7 skurrile Gesetze“)

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