7. Tag, Sonntag, 02.03.2014: POLONNARUWA

Raus aus den Federn! Das Team im Camp nimmt uns in aller Herrgottsfrühe gleich mit auf eine Tour in die Wildnis. Languren und Makaken sind in den Wäldern unterwegs, und wir setzen uns auf ihre Fährte. Ein Rascheln über uns, Knistern in den Ästen – funkeln uns da nicht die großen Augen eines kleinen Loris entgegen? Dabei ist es den Tieren vollkommen egal, ob sie gerade in den UNESCO-geschützten Mauern von Polonnaruwa unterwegs sind oder im dicksten Dickicht … Und wir verbinden Sightseeing per Rad mit Wildseeing zu Fuß, lernen eine ganze Menge über das Sozialverhalten der Tiere und erfahren, was zu ihrem Schutz getan wird.
Abends im Camp machen wir es uns am Seeufer mit einem kühlen Lion Beer bequem.

„In aller Hergottsfrühe“. Ich hielt das im Vorfeld für einen Scherz. Ist es aber nicht. Um fünf Uhr klingelt uns der Wecker gnadenlos aus dem Bett, in das einige von uns erst wenige Minuten zuvor hineingefallen sind. Aber immerhin ist das ja auch kein Erholungsurlaub, somit haben wir also keine Zeit zum Schlafen.
Es ist noch dunkel draußen, und das überfordert mich, denn ich stehe NIE auf wenn es dunkel ist. Außer heute. Ich bahne mir den Weg zur Dusche und passend zu meiner Stimmung gibt es natürlich nur fließendes kaltes Wasser.
Allerdings ist es ar***kalt, und ich vermute, dass es künstlich heruntergekühlt wird.
Nach einem extrem einfachen Frühstück machen wir uns mit dem Bus auf den Weg, die Affen zu suchen.
Unterwegs kommt die berechtigte Frage auf, warum zum Teufel wir mitten in der Nacht kilometerweit mit dem Bus fahren, obwohl wir uns doch mitten in einem Forschungscamp für Affen befinden. Spätestens hier merke ich, dass nicht nur meine allgemeine Verfassung so früh am Morgen noch nicht wirklich die Beste ist…

DSCF5582Meine Stimmung steigt aber ins Unermessliche, als wir unser erstes Etappenziel erreichen. Der Bus hält in einer riesigen Tempelanlage, die einem Indiana-Jones-Film entnommen sein könnte. Die Ruinen sind schon lange von Affen übernommen worden und nun stehen wir mitten in einem Warfare, einem Bandenkrieg zwischen konkurrierenden Affenclans um die Revieransprüche zu klären. Dass wir hier sind und den Affen dabei zuschauen, scheint sie nicht zu stören. Entweder sind ignorieren sie uns ganz bewusst, oder sie nehmen uns überhaupt nicht wahr, weil sie so konzentriert ihre Frontlinien verteidigen. Für uns ist es in jedem Fall ein faszinierendes Schauspiel, zumal wir Affen ja nie in freier Wildbahn zu sehen bekommen und Revierkämpfe verschiedener Clans im Zoo natürlich nie vorkommen.

DSCF5588Aber auch friedliche Szenen bekommen wir zu sehen, in denen die Affen miteinander balgen oder miteinander Körperpflege betreiben. Es sind Bilder, die mich daran zweifeln lassen, dass Tiere keine Gefühle und sozialen Bindungen empfinden können.

 

 

 

 

 

Nachdem wir uns am Freitag ja schon im Marathon geübt haben, schließt sich heute die zweite Trainingseinheit an. Folgendes erwartet uns in den nächsten Stunden:

  • Parakrama Bahu’s Palastanlage
  • Parakrama Bahu’s Audienzhalle
  • Shiva Tempel
  • Thuparamaya
  • Galpota
  • Hetadagoba
  • Watadagoba
  • Galwiharaya

Wir erleben einen erneuten Overkill, denn ohne jetzt herumweinen zu wollen: Die ständige Sonne und die brütende Hitze bringt uns an unsere Grenzen. Leider leidet darunter auch die Aufnahmefähigkeit, weshalb ich jetzt spontan auch nicht zu allen der oben genannten Sehenswürdigkeiten etwas sagen kann. Und wenn doch, dann ist es als geschriebenes Wort längst nicht so beeindruckend wie die visuelle Wahrnehmung.

Dennoch sollen auch hier wieder ein paar Highlights erwähnt werden:

DSCF5594Wir wandeln durch den Palast von Parakrama Bahu I., unter dessen Herrschaft von 1153 bis 1186 nach Christus die Stadt Polonnaruwa ihre Blütezeit erlebt hat. Das Gebäude könnte man als Fachwerkhaus im weitesten Sinne bezeichnen, denn mit teilweise einen halben Meter dicken Holzpfeilern wurde eine Stützkonstruktion geschafften für einen Ziegelbau, der eine Grundfläche von 46 Metern im Quadrat aufweist. Zusätzlich ist noch zu erkennen, dass es einen Thronsaal von 31 x 13 Metern gab, der über zwei Bühnen verfügte – auf der einen stand der Thron des Königs, auf der gegenüberliegenden ließ der König seine Konkubinen, Gaukler und sonstigen Animateure zu seiner persönlichen Bespaßung auftreten.
Den Außengürtel des Palastes bildeten vierzig wie an einer Kette aufgereihte Zimmer, die nach außen hin offen und für das Personal vorgesehen waren. Heute noch erhalten sind die Stützmauern aus Ziegelsteinen, die über zwei Etagen gingen. Die darüber liegende Holzkonstruktion ist natürlich nicht nicht mehr erhalten, aber man bekommt auch so einen guten Eindruck von den Dimensionen des Palastes, der einst über 1000 Räume verfügt haben soll.

DSCF5596Ein wenig außerhalb liegt die Audienzhalle von Parakrama Bahu I. Sie war ein Gebäude, das von Steinsockeln getragen wurde, je zwölf Stück in vier Reihen. Jede Steinsäule war einem Minister zugeordnet. Trug ein Untergebener bei einer Audienz ein Anliegen vor, so wurde es von den Anwesenden diskutiert, der zuständige Minister bestimmt und von diesem eine Lösung für das Anliegen verkündet. Es ist doch erstaunlich, wie effizient und vor allem zeitnah politische Lösungen erreicht werden konnten…
Rund um die Audienzhalle sind noch diverse Überreste von Badehäusern, Theatern und sonstigen Anlagen zu finden.

Um 12.15 Uhr sind wir wieder in der Unterkunft, es gibt Mittagessen und anschließend haben wir Freizeit bis drei Uhr mittags. Und was machen wir in der Zeit? Richtig, wir hauen uns alle kollektiv aufs Ohr, immerhin sind wir ja heute Morgen um  zwei Stunden unseres Schlafes beraubt worden.

Gut erholt treffen wir uns wieder und stehen pünktlich um drei Uhr parat. Viraj hat für uns eine Fahrradtour organisiert, die nicht Teil des Standardprogramms ist.

DSCF5631Diese Tour ist schon jetzt ganz weit vorne mit dabei, wenn es darum geht, zum Schluss das Highlight der Reise zu küren. Wir fahren entspannt die Hauptstraße entlang, dann biegt unser Scout plötzlich links ab. Es geht einen Hang hinab, an dem wir zwei Möglichkeiten haben: Entweder absteigen und schieben oder fahren und dafür beten, dass die Bremsen funktionieren. Ich entscheide mich für Variante zwei, ziehe die Bremsen bis zum Anschlag an und rase trotzdem noch mit einem Affenzahn den Hang hinunter.
Und schon fahren wir an Reisfeldern vorbei, sehen verschiedene Behausungen am Wegesrand, müssen Hunden und Affen ausweichen, die teils faul einfach nur rumliegen, teils aber auch aus der Böschung vor unsere Fahrräder laufen. Unter den Bäumen, die uns Schatten spenden, ist das Fahren sehr angenehm und so könnte ich noch Stunden weitermachen.

DSCF5629Nach einiger Zeit halten wir vor einer Lehmhütte an, wir dürfen uns hier anschauen, wie eine Familie ihr Haus eingerichtet hat. Ich finde es ziemlich skurril und anfangs unangenehm, durch ein fremdes Haus zu laufen und so tief in die Intimsphäre mir völlig unbekannter Menschen einzudringen, aber die Familie ermuntert uns, bittet uns herein und zeigt uns die Hütte.
Die Mauern bestehen komplett aus Lehm, das Dach ist mit geflochtenen Palmenblättern abgedeckt, welche jedes Jahr ausgewechselt werden müssen. Insgesamt hat die Bauzeit zwei Monate betragen. Die fünfköpfige Familie bewohnt zusammen zwei Räume, draußen unter einer Überdachung befindet sich noch eine Kochmöglichkeit.
DSCF5632Wir fahren weiter durch die Reisfelder, bis wir irgendwann erneut an einem Haus anhalten. Eine Familie, die wir besuchen dürfen, hat uns einen Tee gekocht und eine kleine Süßspeise zubereitet. Während wir diese Zwischenmahlzeit dankbar entgegen nehmen, zeigen sie uns noch, wie man Palmenblätter zu Matten flechtet, wie Kokosnüsse geöffnet werden, das Fleisch geraspelt und Milch gewonnen werden kann. Nach dieser Verschnaufpause machen wir uns auf, die letzte Etappe der Fahrradtour zu stemmen, bis wir schließlich am Bus ankommen, der uns zurück zur Herberge fährt.

DSC_5874Es ist mittlerweile schon kurz vor sechs Uhr, aber an eine Verschnaufpause ist nicht zu denken. Uns erwartet ein Vortrag von Dr. Wolfgang Dittert, der die hiesige Forschungsstation betreibt und uns einen Einblick in seine Forschungen gibt. Ich persönlich finde seine Ausführungen sehr interessant und hätte auch gerne noch mehr erfahren, doch haben wir nicht mehr Zeit und unser aller Aufnahmefähigkeit ist praktisch nicht mehr existent.
Für den zweiten Teil der Gruppe geht es heute Abend auf Lori-Jagd, denn gestern sind nur ein paar von uns gegangen, um die Gruppe nicht zu groß zu machen. Wir bleiben in dieser Zeit auf der Terrasse sitzen und nutzen die Zeit, um wieder einigermaßen Kapazitäten im Hirn freizuschaufeln.
Nach dem Abendessen bekommen wir noch einen Film gezeigt, an dem der Doktor mitgewirkt hat und fallen kurz darauf (einige schon während des Film, andere erst im Anschluss) in einen tiefen Schlaf.

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