8. Tag, Donnerstag, 11.11.2010:

CIENFUEGOS – TRINIDAD Durch die Sierra de Escambray

 Unzählige Serpentinen pflastern unsere Fahrt in die wildromantische Sierra de Escambray. Neblige Nadelwälder bedecken die bis zu 1000 Meter hohen Berge. Weiter geht’s zu Fuß: An hohen Farnen und moosbewachsenen Bäumen vorbei folgen wir dem Trail zu einem Wasserfall. Mit dem Bus erreichen wir nachmittags die frühere Zuckerrohrmetropole Trinidad am Fuße des Escambray-Gebirges. José verrät uns die besten Lokale und Bars für den Abend.

Ich bin diesmal froh, dass die Reisebeschreibung nicht zu hundert Prozent stimmt: Neblig ist es nicht, es ist warm und die Sonne knallt vom Himmel. Nach einem reichhaltigen und ausgedehnten Frühstück (wenn wir schon All-Inclusive gebucht haben, muss das ja auch ausgenutzt werden), besteigen wir den Bus. Diesmal liegt eine recht kurze Fahrt von etwa einer Stunde vor uns. Dafür wird die Fahrt umso intensiver: Der Fahrer, ein Meister seines Faches, quält den Bus unglaublich steile Serpentinen hoch, der Motor läuft konstant auf höchsten Drehzahlen. Als ich schon befürchte, dass wir aussteigen und schieben müssen, haben wir es für’s Erste geschafft; der Gipfel des Berges ist erklommen, von jetzt an geht es erstmal genauso steil bergab, wie es zuvor in die Höhe ging. Wir passieren die Kurve es Todes, die ihren Namen einem tragischen Ereignis verdankt: Bei einem Radrennen hat ein Fahrer wohl gedacht, die Straße ginge geradeaus und hat die Kurve übersehen. Was dann passiert ist, möchte ich mir nicht vorstellen…

Wir erreichen das Kurhotel auf dem Topos de Collantes, wo die Fahrt vorerst beendet ist. Das liegt nicht etwa daran, dass wir nicht weiterfahren wollen oder müssen, die technischen Grenzen des Reisebusses sind einfach erreicht und überschritten.

Nun wird es also Zeit für den Plan B. Plan B besteht aus alten russischen LKW, die mit ihrer hochmodernen Ausstattung beeindrucken, denn sie verfügen über eine 360°-Klimaanlage (man könnte auch von einem offenen Pritschenwagen sprechen, aber das würde sich ja nur halb so            toll anhören) und bescheren uns eine intensive russische Ganzkörpermassage (es gibt keine Stoßdämpfer).

Die Massage verdanken wir hauptsächlich der Tatsache, dass mit dem Moment, an dem wir den Bus verlassen, auch die Straßen aufhören. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein, größtenteils aber durch Schlag- und Schlammlöcher.

Zwischendurch sehen wir ab und zu Anzeichen von Zivilisation, diese beschränkt sich jedoch auf zwei bis drei Hütten und ein „Gemeindezentrum“ und ich frage mich, was die Bewohner machen, wenn sie beim Einkaufen mal etwas vergessen. In dem Fall würde ich ja einfach noch mal zum Supermarkt zurückfahren, aber hier ist das so einfach nicht möglich, da die Wege wirklich lang sind. Böse Zungen sagen, dass die Bewohner hier beim Einkaufen nichts vergessen können, da die Auswahl eh nicht so groß ist, aber wenn zum Beispiel die Eier vergessen wurden, gibt es wahrscheinlich den Rest des Monats keine und es wird halt improvisiert.

Jetzt gabelt sich die Straße, meine Befürchtung bewahrheitet sich: Natürlich wäre der passierbare Weg zu unspektakulär, die LKW biegen daher auf den unscheinbaren Trampelpfad ab, der sich rechts vom Weg weiter den Berg hoch schlängelt.

Die LKW halten nach einer gefühlten Ewigkeit unvermittelt an und die Wanderung beginnt. Der Trail verspricht angenehm zu werden, denn die Strecke von drei Kilometern ist absehbar. Stutzig macht mich lediglich die Zeitangabe von drei Stunden, aber da sehe ich mal gekonnt drüber hinweg. Das stellt sich als Fehler heraus, es geht bergauf und bergab, über einige improvisierte Brücken in Form von leicht präparierten Baumstämmen und über glitschige Steine, die mitten in den Bächen liegen.

Der Local Guide führt uns durch eine kleine Felsspalte links des Weges und wir stehen in einer kirchenähnlichen Höhle. Diese ist nach oben hin offen, was sowohl ein interessantes Lichtspiel erzeugt, als auch erklärt, warum hier keine richtigen Stalaktiten vorzufinden sind: Der Wind, der von oben in die Höhle weht, verhindert, dass sich die Wassertropfen an der tiefsten Stelle sammeln und so wachsen die Stalaktiten wild in alle Richtungen.

Dem konstanten Rauschen folgend führt uns der Pfad zu einer kleinen Lagune, wo wir die Gelegenheit hätten zu baden. Die Motivation der Gruppe diesbezüglich ist jedoch eher gering und so nutzen wir die Zeit für eine kurze Verschnaufpause, denn wir haben inzwischen Raum und Zeit vergessen und können nicht absehen, wie lange die Wanderung noch andauern wird.

Eine Begegnung mit dem Red-Bull-Baum (ein Guarana-Gewächs, das zehnmal mehr Koffein als Kaffee enthält und als Grundlage für Energy-Drinks wie Red Bull fungiert) gibt uns einen letzten Motivationsschub und bald können wir schon die Hütte sehen, in der wir unser Mittagessen einnehmen.

Das Essen liegt doch recht schwer im Magen, als wir erneut die LKW besteigen, den Weg, den wir bereits bei der Hinfahrt genommen haben, können wir uns nun aus entgegengesetzter Perspektive anschauen. Zwischendurch nehmen wir einige Anhalter mit (immerhin haben wir noch ein paar Plätze frei). Ich glaube, dass das für diese Leute ein echter Glückstreffer war, denn die Wege sind hier oben in den Bergen sehr lang und ich glaube nicht, dass sich viele Autos hierher verirren…

Wir erreichen unseren Bus, der uns zum Hotel bringt. Es ist jetzt 17.00h, das Programm für heute ist abgearbeitet. Erneut erwartet uns ein All-Inklusive-Hotel und unser Scout hat es sich nicht nehmen lassen, uns Zimmer direkt neben der 24-Stunden-Bar zu besorgen. Das ist gut, denn so ist die Grundversorgung gesichert (inzwischen frage ich mich ernsthaft, was ich mit der Flasche Rum machen soll, die ich schon seit zwei Tagen angebrochen im Gepäck herumschleppe), andererseits verspricht das eine harte Nacht zu werden, denn der Animateur scheint hochmotiviert, die Musik ist dementsprechend so laut, dass ich in meinem Zimmer auf dem Bett sitzend mitfeiern kann.

Wir beschließen zum Strand zu gehen, denn der Sonnenuntergang steht kurz bevor und diesen wollen wir keineswegs verpassen. Wir setzen uns auf die Strandliegen und mein Blick fällt auf die Strandbar, die aber leider schon seit 17.00h geschlossen hat. Es hilft ja nichts, die Zunge klebt am Daumen, ich laufe also die zweihundert Meter zur nächsten Bar mit dem Plan, dass All-Inklusive-Konzept auszutesten. Ich bestelle fünf Cuba Libre und drei Mojito. Der Kellner zeigt keine Regung und fragt mich, was denn meine Freunde trinken wollen. Wir einigen uns auf ein Unentschieden und ich bringe die Getränke (die natürlich nicht nur für mich alleine waren) zu den anderen an den Strand. Die Sonne versinkt im Meer, wir machen ein paar Fotos, die fortan wahlweise als Bildschirmhintergrund oder als Motiv für eine Kitsch-Postkarte dienen können.

Als die Sonne weg ist wird es kühl und die Mücken kommen aus ihren Verstecken. Wir mobilisieren daher unsere letzten Kräfte und steuern die nächste Bar an.

Zwischendurch müssen wir (obwohl es langweilig ist) auch mal feste Nahrung zu uns nehmen. Das Abendessen ist ein Traum: Das Essen ist gut, die Auswahl riesig; obwohl das Hotel zur gleichen Kette gehört wie das gestrige Hotel, so liegen doch Welten dazwischen.

Der Abend klingt (wen wundert’s) in gemütlicher Runde an der Bar bei ein paar Runden Billard aus. Plötzlich bemerke ich, dass etwas anders ist und ich brauche einige Zeit um herauszufinden was es ist. Dann fällt der Groschen: Die Musik ist aus und die DJs diskutieren, welche der beiden CDs (mehr haben sie offensichtlich nicht zur Verfügung) sie als nächstes spielen sollen. Ich nutze die Gunst der Minute und begebe mich auf mein Zimmer. Mein Plan ist, einzuschlafen, bevor die nächste CD gestartet wird. In diesem Sinne: Gute Nacht allerseits!

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