Kategorie: Nature One

Go wild, freak out

Der Tag fängt schon toll an:

Um vier Uhr morgens klingelt der Wecker, also kurz nachdem ich schlafen gegangen bin. Die Arbeit ruft, Antreten ist auf sechs Uhr terminiert. „Herzlichen Glückwunsch“ denke ich mir, auch in dem Bewusstsein, dass der Tag nicht nur verdammt früh anfängt, sondern obendrein auch noch verdammt anstrengend wird. Ich quäle mich also aus dem Bett, mache mich fertig und bin pünktlich um fünf Minuten nach vier im Büro. Das klappt aber auch nur, da um diese Uhrzeit noch kein Bäcker aufhat und daher das Frühstück ausfällt. Der Tag zieht sich wie Kaugummi, und ich beschließe, die Mittagspause ausfallen zu lassen und dafür eine Stunde früher ins Wochenende zu starten.

So weit, so gut: Um kurz nach zwei verlasse ich das Büro, fahre nach Hause, tausche mein Auto gegen mein Fahrrad, fahre zur Avis-Mietstation und betrete das Büro. Mich erwartet ein mies gelaunter, hoch motivierter Mitarbeiter, der erstmal eine gepflegte halbe Stunde benötigt, um die Unterlagen fertig zu machen. Ich überlege kurz ihn zu fragen, warum ich überhaupt zwei Tage zuvor das Auto gebucht habe, wenn er doch jetzt gefühlte zwei Tage braucht, bis ich den Schlüssel in der Hand halte. Den bissigen Kommentar klemme ich mir, denn plötzlich ist er fertig, drückt mir den Schlüssel in die Hand, sagt mir, das Auto stehe „irgendwo draußen rum“ (ach nee!), und als ich schon fast draußen bin, höre ich noch so etwas wie „übrigens achthundertfünfzig Euro Selbstbeteiligung“. Moment! Aus gutem Grund habe ich doch im Internet die Super Cover-Option mit null Euro Beteiligung gebucht. Diese Äußerung meinerseits führt zu einem genervten Schnauben seinerseits und so dauert es noch einmal eine halbe Stunde bis ich den Schlüssel in der Hand halte. Diesmal sagt er mir freundlicherweise noch, dass „da einige Beschädigungen am Auto“ seien, unter anderem eine verkratze Felge vorne links. Aber das könne mir „ja jetzt egal sein, mit der Super Cover“. Kurz überlege ich, ihn zu fragen, warum ich da vorher (ohne die Versicherung) nichts von erfahren habe, aber erneut klemme ich mir den bissigen Kommentar.

Ich fahre also mit dem Auto nach Hause, packe schnell das gesamte bereitgestellte Zeug ein, kämpfe eine Ewigkeit mit dem eingebauten Navi, haue mir eine anständige Hardbass-Compilation auf die Ohren und dann geht es los. Als hätte ich es geahnt fahre ich – nachdem ich mich quer durch die Stadt und schon einige Zeit über die Autobahn gekämpft habe – auf den nächsten Rastplatz um mein Gepäck zu überprüfen. Überraschung: Die Luftmatratze fehlt! Also geht es wieder zurück nach Hause, die Luftmatratze wird eingepackt und die Reise beginnt wieder von vorne.

Die Autobahnen in Deutschland sind ein Krampf, denn wenn es keinen Stau gibt, dann gibt es zumindestens eine Baustelle. Ich übe mich somit in Sprit-sparender Fahrweise, die daraus besteht regelmäßig abrupt von 160km/h auf 90 km/h abzubremsen. Innerhalb einer gefühlten Ewigkeit schaffe ich es dann doch mal voranzukommen und irgendwann sehe ich auf der rechten Fahrbahnseite das vertraute IMAX-Kino und direkt daneben das Flugzeugmuseum, auf der linken Fahrbahnseite die Rhein-Neckar-Arena, gesponsert von meiner Lieblings-Software-Firma. Es ist Zeit für eine kurze Pause, also verlasse ich die Autobahn und steuere den Kaufland an, um noch einen Sixpack Wasser zu kaufen. Immerhin ist es in den letzten sechs Jahren zur Tradition geworden, dass ich auf der Nature One morgens mit Saskia dusche, und so soll es auch dieses Jahr sein.

Als ich schwer bepackt mit jeder Menge wichtiger Dinge (u.a. Pappteller, Plastikgeschirr – eben alles, was man für ein umweltfreundliches Campingwochenende so braucht -, totem Tier, Sagrotan usw.) den Supermarkt verlasse und mich meinem Auto nähere, bemerke ich, dass die Fahrertür meines Autos total im Ar*** ist und überhaupt nicht mehr richtig schließt. In dem Moment kann ich einfach nicht anders: Ich muss grinsen und denke mir: Kann mir ja jetzt egal sein, mit der Super Cover. Nachdem ich den Schaden eine Weile bewundert habe, setze ich meine Reise fort. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass mich ein ungutes Gefühl nach einer halben Stunde auf den Rastplatz treibt… Und richtig: Mein Portemonnaie ist unauffindbar, muss mir wohl aus der Tasche gefallen sein. Aber da ich Sinsheim ja wirklich sehr schön finde, fahre ich doch mit Freuden noch einmal zurück zum Kaufland!

Nach mehreren Auseinandersetzungen mit dem Auto und dem darin eingebauten Navi erreiche ich nach einer Ewigkeit die Pydna. Doch halt! Da hatte ich wohl einen Wunschtraum, daher hier noch einmal die ausführliche Langfassung: Wie gesagt, ich habe unterwegs einige Auseinandersetzungen mit dem Navi und irgendwann beschließe ich, dass wir getrennte Wege gehen. Das ist okay, schließlich wird das Festival mittlerweile großflächig angekündigt: sowohl die Polizeikontrollen als auch die riesigen Schilder weisen mir den Weg. In Extase lasse ich mich treiben und passiere ungehindert die erste Kontrolle. Stutzig werde ich, als ich die zweite Kontrollstation passiere und plötzlich ganz alleine bin auf meiner Fahrbahnseite – dafür kommen mir haufenweise Autos entgegen. Na toll, da habe ich es doch tatsächlich geschafft, mich im siebten Jahr erstmals zu verfahren. Wobei „verfahren“ gar nicht der richtige Ausdruck ist, immerhin bin ich komplett an der Pydna VORBEIgefahren. Sch**ße, verdammte! Den Umweg hat der Tank meines Autos auch schon bemerkt, denn die Kontrollleuchte geht an und fordert mich auf, unverzüglich für Nachschub zu sorgen. Halten wir also fest: bei einer Strecke von vierhundertfünfzig Kilometern können schon mal knappe sechzig Liter durch den Motor laufen!

Das ich gerade richtig genervt bin, ist blöd, denn auf dem Rückweg von der Tankstelle Richtung Pydna werde ich auf der Straße plötzlich angehalten und schon leuchtet mir jemand mit der Taschenlampe ins Gesicht – die traditionell alljährlich stattfindende Fahrerüberprüfung hat mich mal wieder als Freiwilligen ausgewählt. Der Lichtstrahl wandert von meinem Gesicht langsam durch das Auto und da passiert es: Unaufhaltbar bahnt sich etwas den Weg meine Kehle hoch, die Synapsen in meinem Gehirn arbeiten auf Hochtouren und jagen Signale durch meinen Körper, verzweifelt bemüht, das Schlimmste zu verhindern, ich bekomme feuchte Hände und Schweiß rinnt meine Schläfen herunter, die Pulsader fängt an zu vibrieren, doch egal wie sehr ich mich doch in diesem Moment bemühe, es zu unterdrücken, es gelingt mir nicht. Und dann passiert es: „Entschuldigung, aber dieses Jahr habe ich mein Auto leider nicht für Euch aufgeräumt“. Zack, voll auf die Zwölf, und schnell noch einhundert Gummipunkte auf der Blödheitsskala mitgenommen. Merke: Niemals blödschnacken gegen einen Polizisten, der (naturgemäß) in der besseren Verhandlungsposition ist. Und so kommt, was kommen musste: „Na, dann macht es ja jetzt auch nichts mehr aus“. Im nächsten Moment stehe ich auch schon am rechten Fahrbahnrand, alle Türen und den Kofferraum offen und habe ausgiebst Zeit, die Natur zu genießen, denn bei der Fahrzeugkontrolle lassen sich die feinen Herren nun natürlich Zeit…

Als ich weiterfahren darf, ist es so weit: Ich sehe es: Diese Anmut, mit der sich die Autos in friedlicher Eintracht vereint durch die Natur schlängeln, dieses Gefühl, das mir sagt: „Du bist ein Teil des Ganzen“, die wummernden Bässe, die durch die unberührte Natur wabern, im Hintergrund die Lichtblitze, die den Nachthimmel durchzucken und mir zurufen:“ Komm hierher, komm ins Licht“. Die Fahnen, die unaufhörlich an den Fahrzeugen wehen und mir den Weg ins dreizehnte Land weisen, es ist alles so perfekt! Auch wenn ich weiß, dass ich hier noch einige Stunden verbringen werde, bevor ich das Camping Village erreiche: Ich werde wild, ich flippe aus, so sehr möchte ich ein Teil von ihm sein: dem schönsten Stau der Welt!

Nature One 2014, oder: Wie brauche ich für 511 Kilometer mehr als 15 Stunden?

Es ist seit mittlerweile neun Jahren ein festes Ritual:
Ich reiche für das erste Augustwochenende – inklusive der Zeit ab dem Mittwoch davor – Urlaub ein (und zwar traditionell bereits am Jahresbeginn), freue mich dann wie Bolle auf diese Auszeit und – da ich das ja bereits so lange im Voraus weiß – verfalle am Vorabend in totalen Stress, weil es dann doch sehr überraschend gekommen ist und ich noch nichts gepackt habe.

Die Rede ist von der Nature One, DEM Musikereignis des Jahres, für das sich jedes Jahr zehntausende Verrückte versammeln, um der Weltelite der Kategorie „DJ für elektronische Musik“ zu huldigen. In den drei Tagen dieser Zeremonie wird auf dem Festivalgelände so viel Strom verblasen wie die gesamte Stadt Berlin an einem Tag verbraucht. Das sagte vor drei Jahren der zuständige Technik-Chef der Veranstaltung.

Für diejenigen, die noch nichts von dem Festival gehört haben sollten, hier ein paar Eckdaten. Diese beziehen sich zwar auf das Jahr 2011, sind aber als Anhaltspunkt ganz okay. Bedacht werden sollte dabei nur, dass das Festival jedes Jahr größer wird und die Technik mindestens linear, wenn nicht sogar exponentiell mitwächst:

Die Trussingkonstruktion
Grundfläche: 1.600 Quadratmeter
Höhe: 27 Meter
Einbau:  Eine 4 Tonnen schwere LED Kugel mit einem Durchmesser von 12 Metern
Verkabelung: 4 Kilometer Stromkabel
Beleuchtung: 280 Moving-Heads + 14 Laser, davon zwei mit einer Sichtweite von 18 Kilometern
Leistung: 180.000 Watt

Und das ist nur der OpenAirFloor. Weiterhin gibt es noch den Century Circus (750 Meter Trussingkonstruktion, 106 Moving-Heads, 90 Quadratmeter LED-Beleuchtung, 100 Tonnen Technik und 162.000 Watt Leistung) und 21 andere Bühnen, bei denen einige so viel Wumms auf die Leitung bringen, dass meine Finger sich weigern, die Leistungsdaten auf Papier (oder in diesem Fall: die Tastatur) zu bringen.

Wem Begriffe wie „Tunnel“, „Masters of Hardcore“ oder „AcidWars“ etwas sagen, der weiß, dass es sich dabei nicht um Streichelzoos handelt. Es sollte allerdings noch erwähnt werden, dass sich einige Clubs in großen Zelten befinden, andere in riesigen Zelten. Die erlesenste Auswahl an ChillOut-Tempeln platziert sich jedes Jahr in den Bunkern auf dem Militärgelände, in denen noch bis vor wenigen Jahren (genauer gesagt: bis 1987) 96 atomsprengkopfbestückte Cruise Missiles gelagert wurden. Es war früher also eine explosive Atmosphäre. Heute übrigens auch noch, und so begab es sich, dass ich letztes Jahr versuchte (!!!), den AcidWars-Bunker zu betreten. Es blieb dann nach wenigen Metern auch bei dem Versuch, denn ich wurde vom Bass der Musikanlage buchstäblich aus dem Bunker hinausgedrückt.

Ich merke gerade, dass ich abschweife und in Erinnerungen schwelge. Das sei mir verziehen, habe ich doch hier auf diesem Fleckchen Erde (genauer gesagt umfasst das Festival-Gelände 350.000 Quadratmeter) viele schöne Stunden erleben dürfen.

Zurück zum Thema:
Dieses Jahr sind zwei Dinge entscheidend anders.
(a) Seitens des Veranstalters: Zwei Tage vor Beginn des Festivals gibt der Veranstalter bekannt, dass das Festivals erstmals in den zwanzig Jahren seines Bestehens ausverkauft ist und überdies erstmals die Zufahrt zum CampingVillage ausschließlich für Inhaber eines Festivaltickets erlaubt und möglich ist.
(b) Ich verfalle nicht am Vorabend in Panik, denn bereits seit einer Woche ist die Packliste weitgehend abgearbeitet, die Utensilien im Badezimmer gestapelt. Einzig ein Punkt ist noch ungeklärt: Meine Abreisezeit. Ich fahre schon seit Jahren über Nürnberg nach Kastellaun, und so stehen zwei Varianten zur Auswahl:

(i) Ich fahre schon am Mittwochabend zu Mario, damit wir am Donnerstagmorgen sehr früh Richtung Kastellaun durchstarten können. Als ich über diese Idee nachdenke, muss ich sofort laut schallend lachen, denn ich weiß genau, wie diese Variante in der Realität ablaufen wird:
Ich werde Mittwochabend zu Mario fahren, dort angekommen werden wir die mitzunehmende Getränkebar schon einmal durchprobieren, nur um sicherzugehen, dass wir kein ekliges, minderwertiges Zeug mitnehmen. Nachdem wir dann GoldenPower (RedBull-Imitat von Aldi Holland BV), Jägermeister, Havana Club und Cola jeweils einzeln und anschließend in allen möglichen Kombinationen durchprobiert haben (natürlich muss dabei gewissenhaft gearbeitet – sprich: jede einzelne Flasche getestet – werden, um auch zu vermeiden, dass sich unter den mitgenommenen Flaschen ein abgelaufenes Produkt befindet), werde ich in einen komatösen Zustand verfallen und frühestens am nächsten Nachmittag wieder einigermaßen nüchtern sein. Da aber bei diesem Festival der Standort des Zeltes ein wichtiger Faktor und daher bei der Ankunft jede Minute entscheidend ist, verwerfe ich dieses Szenario und komme direkt zu Variante (ii).
(ii) Ich fahre am Donnerstagmorgen so richtig früh los, komme dann so richtig früh bei Mario an, wir packen sein Zeug in mein Auto, fahren so richtig früh weiter und sind dann so richtig früh in Kastellaun im CampingVillage.
Veröffentlicht werden dafür von mir folgende Eckdaten:
Abfahrt bei mir um 06.00 Uhr, Ankunft in Nürnberg um 09:00 Uhr.

Jeder, der mich kennt, wird jetzt schallend lachen, wohl wissend, dass solche Zeiten auf meiner Uhr nicht existieren. Jetzt muss ich aber dazu sagen, dass ich  die Abfahrt um 06:00 Uhr nur deswegen fest geplant habe, damit ich dann spätestens um 07:00 Uhr auch wirklich wegkomme.
Habe ich schon erwähnt, dass dieses Jahr irgendetwas entscheidend anders ist? Mit Stolz kann ich verkünden, dass ich wirklich um 07:00 Uhr losfahre und um 08:55 Uhr bei Mario vor der Haustüre stehe. Allerdings fällt mir unterwegs auch wieder ein, was ich vergessen habe: Aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorjahr (da bin ich über die B300 gefahren, statt die Autobahn zu wählen) habe ich mir fest vorgenommen NICHT die B300 zu fahren, sondern über die Autobahn. Natürlich BIN ich dann dieses Jahr über die B300 gefahren und NICHT über die Autobahn. Infolge dessen komme ich bereits fix und fertig, in Schweiß gebadet und mit einem Puls von hundertachtzig in Nürnberg an.

2014-07-31 14.14.05Mario ist perfekt vorbereitet, sein Koffer und sein Wurfzelt stehen einwurfbereit im Treppenhaus hinter der Eingangstür, kurioserweise steht er selbst bereits vor der Haustür und erwartet meine Ankunft. Ehrlich gesagt hätte ich eher damit gerechnet, dass er aufgrund meiner Ansage, dass ich um 09:00 Uhr eintreffen werde, seinen Wecker frühestens auf 09:30 Uhr stellt. Aber so ist es ja quasi ideal, denn er schmeißt sein Zeug in mein Auto und wir düsen um Punkt 09:00 Uhr ab in den Urlaub.
Inklusive der obligatorischen Polizeikontrolle wagen wir aufgrund unserer Erfahrungswerte der vergangenen neun Jahre die Prognose, dass wir um 13:00 Uhr auf das CampingVillage rollen werden.

Doch wie gesagt: Irgendetwas ist entscheidend anders dieses Jahr. Nachdem wir mit einem extrem chilligen Musikprogramm über die Autobahn fliegen, rollen wir um kurz vor Zwölf über die Ausfahrt Pfalzfeld auf die L215… in den Stau. Ein gepflegtes „F*ck“ entspringt meiner Kehle, denn traditionell fahre ich hier noch ein paar hundert Meter flüssig weiter, um mit erhobenem Mittelfinger die erste Polizeikontrolle zu passieren und dann bei der zweiten oder dritten Station dabei zusehen zu dürfen, wie der hochmotivierte Polizeibeamte mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht mein Auto komplett entlädt, auf dass ich es danach anständig noch einmal neu belade. Normalerweise fahren wir dann weiter um etwa fünfhundert bis tausend Meter vor der CampingVillage-Einfahrt in den Stau zu geraten.

Kastellaun_idyllischDieses Mal also schon acht Kilometer vorher – das kann ja heiter werden, denken wir uns, doch dann haben wir eine großartige Idee:
Wir verlassen die Schlange auf der Landstraße und fahren über die neue Umgehungsstraße direkt nach Kastellaun-CityCenter, wo wir uns beim örtlichen REWE (natürlich gibt es – auch in Kastellaun – noch eine große Anzahl anderer hochwertiger Supermärkte, das soll der Vollständigkeit halber erwähnt werden um den Verdacht der Schleichwerbung zu entkräften) mit natürlich rein veganen Speisen eindecken. Dachte ich zumindest. Dazu später mehr. Natürlich gehört auch der obligatorische Sixpack deutscher Hopfenschorle dazu, denn jedes Jahr gönnen wir uns kurz vor dem CampingVillage eine Flasche Bier.

So verlassen wir also um kurz vor eins (nur noch mal zur Erinnerung: Planmäßig – und aufgrund der Erfahrungswerte ist es ein realistischer Plan – sind wir jetzt bereits auf dem Zeltplatz) den Parkplatz des REWE-Supermarktes. Hier legen wir in kurzer Zeit so viel Strecke zurück wie … Moment, ich möchte ja nicht vorgreifen. Der REWE-Supermarkt liegt in der Perlengasse 3 in Kastellaun. Das weiß ich deswegen so genau, weil ich mir gerade bei Googlemaps den Streckenverlauf noch einmal anschaue. Googlemaps schlägt mir drei verschiedene Strecken vor, sie alle rangieren irgendwo zwischen 4,8 und 5,9 Kilometern Länge mit einer Zeitangabe von (hört, hört!) 8 bis 10 Minuten (in Worten: acht bis zehn MINUTEN!).
Soweit die Theorie, es folgt die Praxis: Wir biegen vom Parkplatz links ab auf die Zeller Straße, die wir im Verlauf verlassen wollen um auf die L108/Bahnhofstraße abzubiegen. Die Strecke ist zwar mit 5,9 Kilometern die längste der drei Varianten, hat sich aber im Praxistest bisher als die schnellste erwiesen, denn bereits nach etwa zweihundert Metern geht hier die Bahnhofstraße in die Hasselbacher Straße über, was den Ortsausgang bezeichnet und ein durchgetretenes Gaspedal ermöglicht.
Jetzt, da ich diesen Text schreibe, stelle ich erneut fest, wie schnell ein Mensch über Details hinweg gehen kann. Wenn mich die Anfahrt zur Nature One 2014 eines gelehrt hat, dann ist es, Dinge viel bewusster wahrzunehmen. So möchte ich noch einmal auf den vergangenen Paragraphen zurückkommen. Was habe ich da noch gleich geschrieben? „[…] denn bereits nach zweihundert Metern geht hier […]“ – das muss ich noch mal genauer lesen – „[…] denn BEREITS nach zweihundert Metern geht hier […]“ – ich wusste doch, ich hatte da eine Kleinigkeit vergessen. Denn „[…] BEREITS nach zweihundert Metern […]“ ist eine dehnbare Sache. Usain Bolt – zugegebenermaßen ein ganz passabler Sprinter –  hat diese Distanz bereits in 19,19 Sekunden geschafft, mit dem Auto schaffe ich das normalerweise auch locker. Heute lernen wir in anderen Dimensionen zu denken, denn um kurz vor zwei – es ist mittlerweile eine Stunde vergangen, seitdem wir den REWE-Parkplatz verlassen haben, haben wir immerhin schon mal die Hälfte dieser Strecke (nämlich ziemlich genau 100 Meter) zurückgelegt.
Einhundert Meter! In einer Stunde! Ich möchte bei Google recherchieren, ob es ein Tier gibt, das eine vergleichbare Geschwindigkeit an den Tag legt, eine Weinbergschnecke vielleicht oder eine Waldameise. Auf den Suchauftrag „100 Meter pro Stunde“ gibt Google mir folgende Ergebnisse:

„Kilometer pro Stunde in Sekunden pro 100 Meter umrechnen“
„Meilen pro Stunde nach Sekunden pro 100 Meter umrechnen“
„Meter pro Sekunde nach Sekunden pro 100 Meter umrechnen“

An dieser Stelle überlege ich, den Mobbingbeauftragten von Google anzuschreiben, wische dann aber doch mit einem Taschentuch eine Träne aus meinem Augenwinkel. Nicht einmal Google versteht mich, geschweige denn das, was sich an diesem Tag in Kastellaun zugetragen hat.
2014-07-31 20.11.53Etwa um Viertel vor drei beschließt Mario sich ein wenig die Beine zu vertreten und einen Zug durch die Gemeinde zu machen. Ich belehre ihn dahingehend, dass ich, wenn die Straße frei ist, weiterfahren und nicht auf ihn warten werde. Er könne dann halt schauen, wie er zum Zeltplatz komme. Wir schauen uns kurz an, lachen laut schallend, Mario geht und ich mache mir mein x-tes Bier auf.

Ich bin ja wirklich kein Freund von Alkohol am Steuer, aber ich habe die Hände nicht am Steuer. Muss ich ja auch nicht, denn (1) wenn das Fahrzeug steht, brauche ich nicht zu lenken, (2) wenn der Motor aus ist, fahre ich nicht und (3) hat mein Körper den Alkohol bereits abgebaut, den ich ihm mit dem Bier zugeführt habe, das ich vor 100 Metern getrunken habe.

Eine gefühlte Ewigkeit später kommt Mario zurück, ich habe mich in dieser Zeit kaum bewegt. Das Auto habe ich fünfzig Meter weiter geschoben, und da ich sowieso schon dabei war, habe ich noch meinen Campingstuhl ausgepackt und mir eine Zeitschrift im Buchladen dreißig Meter weiter die Straße entlang gekauft. An der Kasse mache ich Scherze mit dem Personal, ein Wort gibt das andere und ich verabschiede mich mit den Worten: „Wenn ich den Stern fertig gelesen habe, komme ich wieder und kaufe den Focus!“

Ich gehe zurück zu meinem Auto und setze mich in meinem Campingstuhl. Den Blick die Straße herauf gewandt sehe ich plötzlich den Grund für den Stau: Eine massive Rauchwolke breitet sich aus. Als passionierter Katastrophentourist kann ich nicht anders als hinzulaufen und das Spektakel zu begaffen. Könnte ja schließlich recht schnell gehen, wenn gleich die Feuerwehr kommt, das brennende Auto löscht und von der Straße schleppt. Dann endlich wieder Gas geben und kurz darauf sind wir auf dem Zeltplatz… Ein Schlag reißt mich aus meinem Tagtraum. Ein junger Mann mit nacktem Oberkörper und dunkler Sonnenbrille klopft mir auf die Schulter und fragt mich: „Willst Du auch was?“. Da sehe ich, wie mein Traum sich sprichwörtlich in Rauch auflöst, denn das brennende Auto entpuppt sich als Grill, den die Jungs ausgepackt und entfacht haben. Aus dem davor parkenden Auto sind Bassboxen ausgepackt worden, auf dem Gehsteig steht ein Sofa und die Jungs vergnügen sich gerade mit einer Bierbong. Nach der Fahrtauglichkeit des Fahrers zu fragen erübrigt sich aus bekannten Gründen. Nüchtern muss hier keiner sein, wofür auch?

16:30 Uhr. Mario hat seinen Sixpack bereits leergetrunken und überlegt jetzt, wie er an neues Bier kommt. Er könnte die 250 Meter zum REWE zurücklaufen oder 250 Meter zum Edeka vorauslaufen. Beides wäre gleich deprimierend, denn die REWE-Variante würde ihm vor Augen führen, was wir die letzten 3,5 Stunden getan haben (nämlich hauptsächlich herumstehen), die Edeka-Variante würde ihm vor Augen führen, was wir die kommenden 3,5 Stunden tun werden (nämlich hauptsächlich herumstehen). Ich weiß nicht mehr, für welche Variante er sich letztlich entschieden hat. Es gibt in diesem Moment auch echt wichtigeres für mich als das. Mein Magazin habe ich mittlerweile fertig gelesen, das Kreuzworträtsel ist ausgefüllt, alle vier Sudokus gelöst und die Lösung für die Gewinnspielteilnahme habe ich auch schon im Internet an den Spinger-Verlag geschickt. Es wird Zeit für weiteren Lesestoff. Ich kurbele das Fenster herunter und rufe „Einmal den Focus bitte“. Die Angestellte aus dem Buchladen kommt raus, reicht mir den Focus, ich gebe ihr das Geld und sie geht wieder zurück in den Laden. Mannomann, ich bin ja echt weit gekommen, seitdem ich den Stern gekauft habe.

18:00 Uhr. Mario ist inzwischen von ein paar Leidensgenossen zu der ein oder anderen Runde Flunkyball überredet worden, die Austragung findet auf dem Parkplatz des Edeka-Supermarktes statt.

19:30 Uhr. Nachdem die vorherigen Zeitangaben bis auf +/- fünf Minuten geschätzt waren, kann ich diese Zeitmarke von 19:30 Uhr als historisch dokumentiert ausweisen. Mario und ich verfallen in einen Zustand spontaner Ekstase, denn es kommt Stress auf:
2014-07-31 19.23.49Die Straße wird plötzlich zweispurig und ich könnte mich fast dazu verleiten lassen davon zu sprechen, dass es ab jetzt flüssig läuft. Das wäre allerdings gelogen, denn flüssig läuft es erst ab etwa 21.00 Uhr. Optimismus breitet sich aus: Werden wir es etwa doch noch schaffen pünktlich zur Hochzeit von Minupren im CampingVillage zu erscheinen? Die Zeremonie beginnt laut Zeitplan um Punkt Mitternacht. Und wir sind plötzlich optimistisch das zu schaffen.
Zur Erinnerung: Um 13:00 Uhr wollten wir bereits das Zelt aufgebaut und die erste Hopfenschorle intus haben. Hopfenschorle: Check! Zelt: Grmpf!

Es dauert noch etwas mehr als zwei Stunden, bis wir dann wirklich am CampingVillage ankommen. Die Ordner sehen ziemlich zerstört aus, weshalb selbst ich beschließe sie nicht anzupöbeln. Das wäre langweilig, man tritt ja keine Menschen, die bereits am Boden liegen. Wo wäre denn da die Herausforderung? Außerdem können die ja auch nichts dafür, dass der Veranstalter dieses Jahr erstmalig beschlossen hat, ZWEI Tage vorher zu verkünden, es dürfe keiner ohne Festivalticket auf den Zeltplatz und dass es extrem voll (weil mit 72.000 Verrückten ausverkauft) werde. Ist ja eigentlich logisch, dass dann einfach mal JEDER so früh wie möglich losfährt und dann ALLE gleichzeitig ankommen.

2014-07-31 23.05.19Als wir unser Campingticket gekauft und die Müllsäcke entgegengenommen haben, fällt mir auf, dass wir nicht nach den Festivaltickets gefragt wurden. Nicht einmal den Spaß gönnt man mir, dann entrüstet festzustellen, dass ich kein Ticket hätte. Dann wäre ich laut geworden, hätte alle angepöbelt und… hätte wahrscheinlich die Nacht im Knastcontainer auf Feld 2 verbracht. So bleibe ich aber doch friedlich und wir werden auf Feld 11 geleitet, wo wir dann um 23.00 Uhr doch noch den Grill entfachen und das erste Steak des Festivals mit dem zweiten Sixpack des Festivals vernichten.

Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass wir es nicht mehr pünktlich zur Hochzeitszeremonie geschafft haben.

Dennoch übermannt uns eine gewisse Zufriedenheit, denn wir konnten wieder über Amateure lachen, die versuchen mit Hilfe einer Flutlicht-App (powered by iOS) ihr Zelt aufzubauen, wir konnten uns darüber ärgern, dass wir zwar letztes Jahr den Pavillon wieder eingepackt, die Aufbauanleitung aber entsorgt haben, wir konnten weinen, weil wir es wieder versäumt haben, rundgefeilte Viagra mitzubringen, die wir den Leuten verkauft hätten, die uns gleich am ersten Abend für „Teile“ anhauen (Ich kann nur sagen: Wir wären reich geworden!), wir konnten einfach nur glücklich sein, darüber, dass die folgenden drei Tage der Feldboden nicht mehr aufhören würde zu beben.

Danke an die 72.000 Verrückten, die ihren Teil (und teilweise auch ihre Teile) dazu beigetragen haben, dieses Wochenende zum zweitbesten Wochenende meines Jahres zu machen!

Und für alle diejenigen, die mich kennen und wissen, dass ich ein extrem sarkastischer und ironischer Mensch bin: Alles, was ich hier geschildert habe, hat auch wirklich so stattgefunden, es wurde nichts erfunden. Es wäre zugegebenermaßen hart für mich gewesen, einen sachlichen Text zu schreiben, aber der Tag war an sich schon so surreal, dass eine sachliche Wiedergabe völlig ausreicht!

Im Folgenden als Beweis ein paar Impressionen von Kastellaun am Anreisetag. Voller Stolz verkünde ich den Beginn meiner Schauspielkarriere, denn auch ich komme in dem Video vor:

 

#NatureOne2014 #SaveTheCampingVillage #WennsEinmalSchiefläuft #ShitHappens

Save the Camping Village – Nature One 2014

Nicht nur bei den Anreisemodalitäten hat der Veranstalter der Nature One 2014 so ziemlich alles falsch gemacht, was falsch gemacht werden konnte. Nein, auch während des Festivals hat auf dem Campingplatz der Haussegen schief gehangen. Seit vielen Jahren schon ist bekanntermaßen die Musikleistung für Campingplatzbesucher auf 3kW und 95dB in drei Meter Entfernung von den Lautsprechern begrenzt. Seit vielen Jahren hat der Veranstalter bekanntermaßen seine eigenen Regeln nicht beachtet und jeden Verstoß bewusst ignoriert. Dieses Jahr ist es dann eskaliert, denn nach einem Besitzerwechsel in der Veranstalterfirma ist der Duft des Geldes in der Chefetage angekommen und so hat dieses Jahr erstmals ein strammer Kurs gegolten, Abweichungen von den Regeln sind hart bestraft worden. Einige seit Jahren legendäre Camps auf dem Zeltplatz sind dazu aufgefordert worden, ihre Anlagen abzubauen, worauf hin die Betroffenen ihre Sachen gepackt haben.

Auf mehreren Plattformen ist dieser Vorfall im Nachhinein kontrovers  und (mehr oder weniger) sachlich diskutiert worden. Dazu im Folgenden meine Stellungnahme in der Gruppe „Save the Camping-Village“ auf Facebook:

 

„Nachdem ich als völlig Unbeteiligter diese Diskussion relativ emotionslos verfolgt habe, sei es mir erlaubt, im Rahmen der freien Meinungsäußerung ein paar Gedanken zum Thema Camping Village loszuwerden:

Meine erste Nature war die „Live your passion“ 2006 und seitdem habe ich nicht eine einzige Nature verpasst. Warum? Weil es jedes Mal eine geile Zeit war. Jedes Jahr schon lange im Voraus freuen. Jedes Jahr schon lange im Voraus im Stau stehen. Jedes Jahr – kaum, dass das Zelt aufgebaut war, einen ausgiebigen Spaziergang über das Camping Village machen, dabei jede zwanzig Meter stehen bleiben, weil da schon wieder ein Pavillon steht, in dem geile Musik aufgelegt wird.

Im ersten Jahr – das muss ich gestehen – habe ich noch Ohropax dabei gehabt, die ich mir nach einer langen Nacht auf der Pydna in die Ohren geschoben habe, in der Hoffnung, so wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Oh ja, damals hatte ich noch Illusionen! Der Schall war vielleicht ein wenig gedimmt, aber gegen den bebenden Acker hatten auch die Ohropax nichts auszusetzen. Und mal ganz ehrlich: Das ist es, worauf ich mich vom Moment der Abreise aus dem CV bis zum nächsten Jahr jeden einzelnen Tag freue – auf vier Tage, an denen der Acker nicht aufhört zu beben. Das ist für mich persönlich das Alleinstellungsmerkmal des Camping Village.

Wenn ich auf ein Technofestival fahre, dann weiß ich im Vorfeld, dass das kein Musikantenstadl ist. Da wird nicht um zehn Uhr abends das Licht an- und die Musik ausgemacht. Und selbst wenn ich zum ersten Mal auf ein Technofestival fahre, dann habe ich mir doch bitteschön im Vorfeld mal das LineUp angeschaut und idealerweise auch die RunningOrder auswendig gelernt.
Wann legen auf der Pydna noch mal die letzten DJs auf? Richtig, weit nach Sonnenaufgang. Dass dann auf einem angrenzenden Zeltplatz das feierwütige Volk nicht schon weit vor Mitternacht ins Zelt verschwindet, erklärt der gesunde Menschenverstand.
Leider musste ich dieses Jahr zum ersten Mal feststellen, dass viele extrem junge Menschen offensichtlich in den falschen Bus eingestiegen sind und somit nicht auf dem Musikantenstadl gelandet sind. Deren Protest konnten wir ja alle in Form von ausgiebigen „Ich-spiel-jetzt-mal-´ne-Helene-Fischer-CD“-Sets zur Kenntnis nehmen.
Mein Gott, Kinder! Techno ist nun mal meistens laut. Technoparties sind meistens lang, denn Technojünger verstehen etwas vom Feiern. Wenn es Euch nicht passt, bleibt halt daheim. Oder übernachtet im Hotel. Oder in der Jugendherberge. Aber verschont uns, die wir uns das ganze Jahr über auf diese Party freuen, von Eurer Anwesenheit.

Soviel zum ersten Aspekt, den ich mit dem Thema „Save the CV“ verbinde: Das CV den Feierwütigen, der Rest möge halt draußen bleiben. Über einen Hinweis in den vorab verschickten Flyern und im Internet im Rahmen des Vorverkaufs ließe es sich ohne Aufwand realisieren, darauf hinzuweisen, dass es im CV keine Nachtruhe gibt.

Damit kommen wir auch schon zum zweiten Aspekt des Mottos „Save the CV“: Die bereits vielfach – mehr oder weniger sachlich diskutierten – Camps.
Wie ich oben bereits geschrieben habe, liegt für mich ganz besonders der Reiz darin, über das CV zu schlendern und viele DJs zu hören, die ihre Musik auflegen.
Das kann man so handhaben, dass man sich mit ein paar Leuten zusammentut, das Equipment zusammenträgt und einfach Spaß daran hat, dass man seine eigene Musik der Öffentlichkeit präsentieren kann. Wenn viele Leute vorbeilaufen, aber keiner stehenbleibt und auf meine Musik abgeht, dann muss das ja nicht daran liegen, dass meine Musik der letzte Schrott ist. Andere Mütter haben auch schöne Töchter, und vielleicht taugt den Leuten die Musik aus dem nächsten Pavillon halt mehr. Trotzdem kann ich dann noch mit meinen Leuten zu meiner Musik abfeiern, oder nicht?

Man kann das aber auch so handhaben, dass man auf dem CV mehr Technik versammelt, als auf einem Kiss-Konzert. Dann möge sich aber bitte auch niemand darüber beschweren, wenn plötzlich auf die Einhaltung der Vorschriften gepocht wird, die seit mindestens neun Jahren (so lange kann ich das aufgrund persönlicher Anwesenheit beurteilen) kommuniziert worden sind.
Nur weil sich in den letzten Jahren keiner um die Einhaltung gekümmert hat, heißt das noch lange nicht, dass das erlaubt war. Und daraus dieses Jahr Willkür seitens des Veranstalters abzuleiten ist pure Unterstellung. Wenn ich hier in Diskussionen lese, dass zwei Tonnen Equipment oder mehr für ein Camp angeschleppt wurden, dann muss ich eigentlich kein Messgerät mehr bemühen. Dann kann ich davon ausgehen, dass da ein wenig mehr im Spiel ist, als erlaubt ist. Und ob dieser Gigantismus nötig ist, sei auch mal als Frage erlaubt.

Wenn ich mich nun in die Rolle des Veranstalters versetze: Ich stelle ein Festival auf die Beine, das mich einen Haufen Kohle kostet. Ich stampfe für vier Tage die Infrastruktur einer Kleinstadt aus dem Acker, was mich einen Haufen Kohle kostet. Warum? Weil ich einem Haufen Leute eine tolle Party inszenieren möchte und weil ich – das sei mir als Veranstalter bitte verziehen – damit Geld verdienen möchte. Und dann stellen mir ganz normale zahlende Gäste ein Riesending auf den Zeltplatz, wobei sie sich – wie hier ja auch zu lesen war – auch noch dafür bezahlen lassen, dass DJs dort auflegen dürfen. Da würde mir als Veranstalter aber auch mal ganz gediegen das Hemd anschwellen, wenn andere Leute sich ins gemachte Nest setzen und ohne vorherige Kostenbeteiligung Geld mit der Infrastruktur umsetzen, die ich in den Acker gekloppt habe.
Es mag ja sein, dass das nur einige wenige Camps betrifft, aber das reicht dann halt völlig auf um mit einem Rundumschlag einfach mal ALLE Camps abbauen zu lassen. Und sei es auch mit der Begründung, dass dieses Jahr zum ersten Mal die schon lange geltenden Vorschriften nicht eingehalten wurden.
Auf der einen Seite Kommerz auf der Pydna anprangern, auf der anderen Seite selbst Kommerz betreiben (und ja: Andere Leute gegen Bezahlung auflegen lassen, auch das ist Kommerz) – irgendetwas passt da nicht so ganz zusammen.
Lasst uns doch bitte wieder zu unseren Wurzeln zurückkehren. So weit müssen wir dafür überhaupt nicht in die Vergangenheit zurückgehen, denn auch wenn ich erst seit neun Jahren hinfahre – auch ich kenne noch die zahlreichen kleinen Camps, und auch die haben Stimmung gemacht.

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass es nicht meine Intention ist, hier alle Camps über einen Kamm zu scheren oder jemanden persönlich anzugreifen. Ich möchte lediglich meine persönliche Meinung kundtun!

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen noch einen schönen Abend und viel Vorfreude auf die Nature One 2015!“

#NatureOne2014 #SaveTheCampingVillage #WennsEinmalSchiefläuft #ShitHappens