2. Tag, Donnerstag, 02.11.2017: BANGKOK – Skytrain-Tour

Umsteigen in Dubai und Weiterflug nach Bangkok (nonstop, Flugdauer ca. 6 Std.). Ankunft gegen Mittag. Marco Polo Scout Bengi erwartet uns schon und begleitet uns zum Hotel. Umziehen, duschen, ausruhen – dann nimmt er uns am späten Nachmittag mit auf eine erste Erkundungstour: Mit dem Skytrain rollen wir wie die Einheimischen mitten hinein ins Stadtzentrum. Hungrig? Im angesagten Rosabieng begrüßt uns Thailand kulinarisch. Und wer später immer noch Lust und Energie hat, kommt mit in die Rooftop-Bar Above Eleven und genießt bei einem Cocktail den atemberaubenden Ausblick vom 33. Stockwerk…

In Dubai angekommen wird unsere Gruppe ein wenig größer, denn mit unseren Kofferanhängern von Marco-Polo sind wir leicht zu erkennen und wirken offensichtlich wie ein Magnet. Nachdem für uns etwa zwei Stunden Zeit am Flughafen zu überbrücken sind, machen wir das, was in den nächsten zwei Wochen des Öfteren passieren wird – da kann eine erste Gruppenübung schon mal nicht schaden: Wir suchen eine Lokalität, in der wir ein gemütliches Bier trinken können und werden bei der Heineken-Bar fündig. Keiner von uns hat Dirham (die Währung in Dubai), mit dem Wechselkurs sind wir auch kaum vertraut. Trotzdem können wir gut genug rechnen um mitzukriegen, dass der halbe Liter Heineken hier etwas mehr als elf Euro kostet. Plötzlich schmeckt das Bier gleich viel besser, muss es bei dem Preis aber auch. Bezahlen müssen wir in Euro, die Bedienung rechnet mit dem korrekten Wechselkurs um, schlägt dann zehn Prozent Aufschlag drauf (einfach, weil sie gerade Lust dazu hatte. In der Karte stand davon nichts geschrieben) und teilt uns zum Abschluss noch mit, dass sie keine Münzen nimmt (einfach, weil …. [siehe oben]).

Dazu eine kleine Mathematikaufgabe: Erna kauft vier Bier zu je elf Euro, die Bedienung schlägt zehn Prozent auf den Preis drauf. Bezahlt werden darf nur mit Geldscheinen, nicht mit Münzen.

(a) Wieviel kostet ein Bier?

(b) Wie hoch ist der Preis für einen Liter Bier, wenn das Glas in Aufgabe (a) einen halben Liter Bier fasst und keine Münzen als Zahlungsmittel akzeptiert werden?

(c) Diskutieren Sie das Preisniveau der vorliegenden Aufgabe in Relation zum bestehenden Preisniveau auf dem Münchener Oktoberfest.

Antwort:

(a) zu viel.

(b) 4 Bier * 11 Euro * 110 Prozent = 48,40€ → aufgerundet 50€ /2 Liter = 25 Euro/Liter

(c) Nach der obigen Rechnung fehlen mir echt die Worte, wer sich dazu auslassen möchte: Ich freue mich auf kreative Zuschriften! Nachdem ich aber nun über gesicherte Erkenntnisse darüber verfüge, wie Dubai zu seinem Reichtum gekommen ist, werde ich bei nächster Gelegenheit meinen Bankberater anweisen, er möge meine Öl-Aktien veräußern und in einen Bierstand auf dem Flughafen von Bangkok investieren…

Als wir das flüssige Gold vollständig vereinnahmt haben, ist es auch schon fast an der Zeit für den Anschlussflug und so machen wir uns auf den Weg. Am Gate kommt nun endlich zusammen, was zusammen gehört: Aus sechs Mitreisenden werden auf einen Schlag dreiundzwanzig. Was die Namen angeht, steige ich aus und werde beizeiten kreative Kennenlernspiele aus der Waldorfschule vorschlagen.

Der Weiterflug verläuft unspektakulär: Ich schaue noch ein paar Filme mit meinem neuen Homie. Leider haben wir es (obwohl wir uns während der sechs Stunden sehr nahe gekommen sind) nicht geschafft ein gemeinsames Foto zu machen, sonst hätte ich ihn an dieser Stelle gerne vorgestellt. Andererseits lernen wir uns nicht sehr intensiv kennen, ist unsere Beziehung doch keineswegs intellektueller, sondern rein körperlicher Natur. Das liegt übrigens ausschließlich an seiner Freundin, die derart korpulent ist, dass sie nicht nur ihren Sitz belegt, sondern auch noch die Hälfte von seinem Platz. Aus dem Masse-Ausbreitungsgesetz ergibt sich logischerweise, dass seine eigene Masse dadurch nicht sinkt, sondern sich anderweitig ausbreitet. Sprich: Auf meinen Platz, von dem er gut ein Drittel belegt.

Entsprechend gerädert komme ich in Bangkok an, denn an Schlaf ist auf diesem Flug nicht zu rechnen gewesen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich mich zielstrebig zum Gepäckband 22 begebe, auf dem Dubai ausgeschrieben ist. Es dauert eine Weile, bis ich dann irgendwann doch merke, dass ich noch lange auf mein Gepäck warten kann, es sei denn, ich begebe mich zum Band 23, auf dem ebenfalls Dubai ausgeschrieben ist und auf dem mein Rucksack schon seit geraumer Zeit munter seine Runden dreht.

Die Kreuzung einer Stromtrasse nahe unseres Hotels. Ich hoffe, wir haben morgen noch Strom. Das nächste Mal, wenn ich hierher reise, muss ich unbedingt einen deutschen TÜV-Prüfer mitnehmen. Das wird ein Spaß!

Als wir alle unser Gepäck gefunden haben, zählen wir kurz durch und verlassen vollzählig den Sicherheitsbereich. Dort wartet bereits unser Scout Bengi auf uns, der uns mit ersten wichtigen Informationen darüber versorgt, wo wir am Flughafen Geld abheben oder umtauschen können und wo wir Getränke kaufen können. Frisch versorgt steuere ich auf die Glastür zu, diese öffnet sich, ich trete hindurch und laufe erst einmal gepflegt gegen eine Wand. Zumindest fühlt es sich so an, als die Temperatur von 22 Grad im Flughafengebäude zu 35 Grad außerhalb wechselt und die Luftfeuchte spontan auf etwa 94 Prozent ansteigt.

Viel Zeit uns an den Temperaturanstieg zu gewöhnen haben wir nicht, denn der Bus steht schon vor dem Flughafengebäude bereit. Wir verstauen unsere Koffer, entern den Bus und dann geht es auch schon los: Wir stürzen uns ins Verkehrsgetümmel, (noch) geschützt durch eine massive Karosserie. Zunächst schwimmen wir locker im fließenden Verkehr auf der Autobahn mit, als wir mitten in der Rushhour das Stadtzentrum erreichen, geht es zunächst gemächlich zu (ich halte das für einen wunderschönen Euphemismus für „wir stehen im Stau“). Für diejenigen von uns, die Bangkok zum ersten Mal sehen (also wahrscheinlich für alle außer unserem Scout und mir), ist es schon recht überraschend, wie vielseitig das Stadtbild ist: Zwischen den vielen alles überragenden Wolkenkratzern gibt es ganze Viertel von kleinen, niedrigen Gebäuden in den unterschiedlichsten Preis- und Erhaltungsstufen. Und so lassen wir etwa eine Dreiviertelstunde die ersten Eindrücke auf uns einprasseln, bis wir schließlich vor dem Hotel mitten in der Stadt an der Sukhumvit Soi 10 Halt machen.

Wir schnappen uns unser Gepäck, warten bis zur Zimmerverteilung und bekommen etwa eine Stunde Zeit um uns frisch und fertig zu machen. Das gibt uns schon mal einen ersten Eindruck vom Programm: Viel Zeit zum Erholen bleibt nicht, und wer darauf gehofft hat, sich erst einmal ein wenig ins Bett legen zu können, wird (völlig zu Recht) enttäuscht: Die erste Challenge wartet auf uns – das öffentliche Nahverkehrsnetz von Bangkok. Eine Tour mit der Skytrain, der Hochbahn von Bangkok, steht auf dem Programm. Diese besteht nur aus zwei Linien, was sich in der Theorie recht simpel anhört, in der Praxis aber zu einer echten Herausforderung mutiert. Gottseidank erklärt Bengi uns das Bevorstehende so oft und ausführlich, dass wir uns trotz der in thailändischer Schreibweise bezeichneten Stationen schnell zurechtfinden. Warum das gerade für mich wichtig ist, werde ich in den nächsten Tagen noch am eigenen Leib erfahren.

Wir betreten die Hochbahnstation, und genau in diesem Moment stelle ich mir kurz die Frage, wie wir dort noch hineinpassen sollen. Es ist so unfassbar voll mit Menschen, dass sie gefühlt auch ohne uns schon beinahe auseinander bricht. Dann erinnere ich mich an den Beitrag im Fernseh-Magazin „Galileo“, den ich vor einigen Jahren einmal gesehen habe und in dem es um das U-Bahn-Netz von Tokio geht. Dort gibt es bekanntermaßen Personal, dessen einzige Aufgabe es ist, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Menschen in die Bahn zu pressen. Im Prinzip handelt es sich dabei also um das Gegenteil eines Türstehers vom Berghain in Berlin.

Die Menschen in Bangkok haben die Dokumentation offensichtlich auch gesehen, oder sie sind einfach nur verdammt geübt im Befüllen der Wagen. Als die Türen der gerammelt vollen U-Bahn aufgehen steigen drei Leute auf und als ich gerade beschließe skeptisch schauen zu wollen, ist unsere gesamte 24-köpfige Reisegruppe bereits formschlüssig verladen worden. Die Teambuilding-Maßnahme können wir somit bereits im Programmheft abhaken, denn wir sind uns nun schon so nahe gekommen wie noch nie zuvor.

Drei Stationen später steigen wir auch schon wieder aus, nur um auf dem gegenüberliegenden Gleis den nächsten Zug zu nehmen und vier Stationen wieder zurückzufahren. Hört sich sinnlos an, wird sich aber – wie gesagt – für mich noch als nützlich herausstellen.

Wir sind in Rosabieng angekommen, wo wir in einem Restaurant die erste thailändische Mahlzeit zu uns nehmen. Wer schon einmal Erfahrung mit Tapas gemacht hat, kann sich vorstellen, wir dieses Essen abläuft: Es gibt Reis, Baby! Dazu werden uns Teller mit verschiedenen Speisen in der Mitte auf den Tisch gestellt und jeder hat die Gelegenheit alles einmal zu probieren.

Dabei wird die ein oder andere (schmerzhafte) Lektion gelernt, zum Beispiel folgende:

  1. Was rot ist, ist immer scharf.
  2. Was grün ist, ist meistens scharf. Außer man glaubt, es sei nicht scharf, dann ist es scharf.
  3. Reis kann den Schmerz lindern, aber nicht töten.
  4. Wasser ist keine Rettung.

Nach dem Essen kämpfen die ersten von uns dann doch gegen die Müdigkeit, immerhin sind wir bereits etwas mehr als zweiundzwanzig Stunden auf den Beinen. Bengi hatte uns auf dem Transfer vom Flughafen ans Herz gelegt nicht zu früh schlafen zu gehen, das würde sich dann mitten in der Nacht rächen. Um den Körper an den Rhythmus zu gewöhnen müssen wir also durchhalten. Somit fahren wir alle gesammelt zurück zum Hotel und machen es uns auf der Dachterrasse des Hotels gemütlich. Mit einem derartigen Andrang hat man dort wohl nicht gerechnet, denn es gibt kaum Bänke und Stühle, allerdings lassen wir uns davon nicht beeindrucken und funktionieren kurzerhand Tische und Sonnenliegen zu Sitzgelegenheiten um. Die ersten intensiveren Gespräche kommen in Gang, wir beginnen fleißig mit dem Lernen der Namen (was gar nicht mal so einfach ist bei vierundzwanzig Namen und zweiundzwanzig Stunden in den Knochen). Die Aussicht ist grandios, die Truppe sympathisch, die Bedienung nicht wirklich effizient. Die erste Bestellung braucht eine gepflegt halbe Stunde, leider habe ich es versäumt gleich zwei Getränke zu bestellen. Für den nächsten Abend auf der Dachterrasse nehme ich mir vor optimaler an die Sache heranzugehen. Als sich die Reihen langsam lichten, bildet sich ein harter Kern heraus, der noch nicht vollkommen bedient ist (es ist ja auch erst halb neun). Ich nehme die Sache in die Hand und wir machen uns mit dem Tuk-Tuk auf den Weg nach Patpong. Tuk-Tuk fahren ist in Bangkok ziemlich einfach: Man braucht nur starke Nerven und einen starken Magen. Wenn man das hat und sich voll auf die Sache einlässt, ist das lustiger als jede Achterbahn (abgesehen von dem winzigen Detail, dass eine Achterbahn immer über Fangnetz und doppelten Boden verfügt, beim Tuk-Tuk ist nie sicher, wie die Fahrt ausgeht). Mit einem Puls von über zweihundert erreichen wir Patpong, eines der… ich sag mal: nicht ganz so noblen und exquisiten Stadtteile. Kurz gesagt: Die Vergnügungsmeile. Viele adrett gekleidete Herren und junge kaum gekleidete Mädchen scheinen uns als sehr sportliche und ehrgeizige Menschen wahrzunehmen, denn ständig werden wir von ihnen zu einer Partie Tischtennis eingeladen. Naja, also fast. Streng genommen wollen sie, dass wir sie dazu einladen, anders kann ich mir nicht erklären, warum sie 400 Baht dafür haben wollen. Außerdem habe ich nicht den Eindruck, dass das wirklich viel mit Tischtennis zu tun hat, denn keiner von ihnen hat einen Tischtennisschläger dabei. Und das, was wirklich hinter den Türen vorgeht, möchte ich mit nicht vorstellen und noch weniger möchte ich das genauer wissen. Katrin und Marcus sind da sehr neugierig, ich kann sie aber gerade noch davon abhalten und so verschieben sie ihre Teilnahme an einem solchen Turnier auf den nächsten Tag.

So weit ich in der Lage bin mich daran zu erinnern (und da ist ehrlich gesagt nicht viel Erinnerung vorhanden) haben wir den Abend danach noch mit ein oder zwei (Dutzend) Bier ausklingen lassen und uns dann gegen zwei Uhr aufs Zimmer begeben. Eigentlich ist das auch eine perfekte Zeit, in Deutschland ist es jetzt acht Uhr und wir haben die Zeitverschiebung besiegt! F*ck yeah!

Es wurde Abend, es wurde Morgen, ein neuer Tag!

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