5. Tag, Sonntag, 05.11.2017: BANGKOK – RIVER KWAI: Der Dschungel ruft

Aufbruch zum großen Overlandtrip nach Süden. Das Landleben beginnt schon kurz hinter Bangkok: In Samut Songkhram findet der Markt auf den Bahngleisen statt – wenn nicht gerade ein Zug durchrauscht… In Trishaws und Langschwanzbooten durch das Gewusel eines Schwimmenden Marktes schlängeln und gleich danach im Khanon-Tempel traditionelles Schattenpuppentheater erleben. Und dann mit Bus und Boot weiter zum absoluten Kontrastprogramm: zwei Übernachtungen auf einem schwimmenden Floßhotel. Flusswasserdusche, Kerzenschein und Dschungelsound inklusive – Regenwaldromantik!

Viel zu früh klingelt der Wecker, immerhin bin ich doch gerade erst ins Bett gefallen. Aber es hilft alles nicht, ich schwanke ins Bad, mache mich fertig, packe meinen Rucksack, gehe zum Frühstück und dann geht es auch schon los: Wir verlassen das turbulente Bangkok und als wir die letzten Häuser der Stadt hinter uns lassen, werde ich doch ein wenig wehmütig. Eines ist mir jetzt schon klar: Ich komme wieder! Auf der anderen Seite freue ich mich aber auch auf das, was vor uns liegt, denn heute werden wir über mehrere Stationen zum River Kwai fahren. Während der Fahrt habe ich Zeit mich mit einigen Fakten über Bangkok zu befassen.

Exkurs Bangkok

Von 1438 bis 1767 war Ayutthaya die Hauptstadt Siams, wurde jedoch in diesem Jahr von den Burmesen buchstäblich dem Erdboden gleich gemacht. König Rama I. zog mit seinen Gefolgsleuten nach Thonburi und ließ sich dort nieder. An dieser Stelle wurde ein Tempel gebaut, der den Namen Wat Arun trägt. Thonburi war somit nach Ayutthaya die dritte Hauptstadt Siams (Die erste war Sukhothai von 1238 bis 1438). Erst fünfzehn Jahre später, im Jahr 1782, beschloss Rama I., seinen Wohnsitz auf die andere Flussseite zu verlegen, da sein aktueller Wohnort bei den ständigen Hochwassern immer wieder geflutet wurde und er somit einen Großteil seiner Zeit damit beschäftigt gewesen sein dürfte seine Parkettböden neu zu versiegeln. Sein Favorit war dabei ein Stück Land, auf dem blöderweise bereits die Chinesen ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Diese wurden davon überzeugt, dass sie gerne freiwillig zu Gunsten des Königs umziehen möchten und wurden auf das Stück Land umgesiedelt, auf dem sich noch heute der Stadtteil Chinatown befindet. Somit wurde Bangkok die vierte Hauptstadt Siams.

Aus einer fixen Idee Rama I. ist mittlerweile eine Stadt geworden, die etwa 2.000 Quadratkilometer Platz einnimmt und nach offiziellen Angaben ca. 8,5 Millionen Menschen beherbergt. Im realen Leben ist diese Zahl allerdings weit von der Realität entfernt: Konservativen Schätzungen zu Folge sind es eher zwischen zehn und zwölf Millionen Menschen, denn die vielen Migranten aus anderen Regionen des Landes (vor allem aus dem bettelarmen Nordosten) sind nicht offiziell registriert. Rechnet man nun noch die Pendler hinzu, die jeden Tag zur Arbeit nach Bangkok fahren, reden wir wohl realistisch über etwa 15 Millionen Menschen, die sich tagtäglich in dieser Stadt tummeln.

„Bangkok“ heißt auf deutsch „Dorf der Oliven“, was ich persönlich erstaunlich finde, denn es gibt hier jede Menge Palmen, aber keine Olivenbäume. Ich vermute mal, dass das noch auf die Zeit zurückgeht, als die chinesischen Händler hier noch ihre Zollstation hatten, aber ich weiß es nicht.

Der offizielle Name von Bangkok lautet übrigens Krung Thep Mahanakhon, was „die große Stadt der Engel“ heißt und im Sprachgebrauch oft zu Krung Thep verkürzt wird. Noch kurioser ist aber der vollständige Name der Stadt, der lautet nämlich„Krungthep-mahanakhorn-bowornrattanakosinthara-mahintarayutthaya-mahadilokpop-noppharatchathani-burirom-udomratchaniwet-sanamahasthan-amonphimanawatanansathit-Vishnukamprasit“.

An diesem Punkt stellt sich mir die Frage, warum dieser Name nicht offiziell verwendet wird bzw. warum man sich mit so etwas simplem wie „Bangkok“ zufrieden gibt. Hier einige meiner Thesen:

1.) Es gibt keine Visitenkarten im Format DIN A4 (die man wohl bräuchte, wollte man denn den Ortsnamen abdrucken).

2.) Die Antwort auf die Frage nach der Herkunft („ich komme aus Krungthep-[blablubb]-Vishnukamprasit“) würde den Fragenden unweigerlich einschläfern.

3.) Weil man den Ortsnamen als Autofahrer nicht komplett auf Verkehrsschildern lesen kann (es sei denn, man bringt das Fahrzeug zum Stillstand, aber wer macht das schon auf der Autobahn?)

4.) Weil es sich einfach sch$&%e anhört.

Unser nächster Zwischenstopp, Samut Songkhram, ist ein Ort, den ich bereits mehrfach in einer Galileo-Dokumentation gesehen habe (Die Dokumentation war jedes Mal die gleiche, aber Pro7 ist ja allgemein bekannt dafür, ebenso wie N24, eine Dokumentation gefühlte eintausend Mal zu wiederholen.) Mit jedem Mal sah das Bild verrückter aus: Ein Markt mitten auf den Bahnschienen. Als wir den Ort erreichen, bin ich zunächst verwundert, denn wir stehen vor massiv gebauten Markthallen und das passt nicht zu dem Bild, das ich im Vorfeld hatte.

In den Hallen geht es turbulent zu: Auf einfachen Tischen, die oft nur aus einem Holzbrett auf mehreren Plastikkisten besteht, werden die unterschiedlichsten Waren feilgeboten. Von Fisch über Fleisch, Dekorationsartikel, Haushaltswaren bis hin zu Obst und Gemüse. Heute sehe ich Obstsorten, von deren Existenz ich nicht einmal wusste. Zwischen den Ständen tummeln sich die Menschen, es wird begutachtet, diskutiert, verkostet, bewertet, gehandelt, und zwischen all dem können wir in unregelmäßigen Abständen dumpfe Schläge vernehmen. Was das ist, sehe ich kurz darauf und im gleichen Moment wünsche ich mir, ich hätte einfach in eine andere Richtung geschaut: Zwischen den Ständen werden auf dem nackten (dreckigen) Asphalt Tiere geschlachtet und ausgenommen, das Fleisch im Anschluss direkt in eine Plastiktüte verpackt und dem Käufer übergeben oder alternativ fachgerecht ungekühlt bei 35°C auf den Holzplatten gelagert.

Nur weil wir das so aus unserem täglichen Leben nicht gewohnt sind, heißt das nicht, dass es so nicht auch funktionieren kann. Insofern nehme ich diese Arbeitsweise hin und laufe weiter in Richtung Ausgang.

Dort bietet sich uns ein wildes Bild: Ich vermute, dass innerhalb der Markthallen Standmieten bezahlt werden müssen und außerhalb nicht. Nur so erklärt sich mir, warum hier draußen jeder Quadratmillimeter mit Waren bedeckt ist – neben den Gleisen, zwischen den Gleisen und auch auf den Gleisen. Um sich gegen die Sonne und gegebenenfalls auch gegen Regen schützen zu können, haben die Händler mit zwei Stöcken und einer Plane eine provisorische Überdachung über ihre Stände gebaut. Warum provisorisch? Das wird sich uns in wenigen Minuten erschließen. Zunächst führt Bengi uns zu einem kleinen Café direkt an den Gleisen, wo wir uns für ein paar Minuten hinsetzen und unsere erste Kokosnuss genießen. Der Schatten und die Stühle sind zwei Elemente, die wir dankbar bis zur letzten Sekunde ausnutzen. An der Wand ist der Zugfahrplan aufgemalt: Es gibt drei Fahrten pro Tag; da wir uns an der Endstation befinden und es sich dabei um einen Kopfbahnhof handelt, fährt der Zug zwanzig Minuten später wieder an uns vorbei, wenn der den Bahnhof verlässt.

Kurz vor der Zeit, die auf der Tafel angeschrieben ist, kommt Bewegung in den Markt. Es ist keine Hektik, jeder Handgriff sitzt, als die Händler an ihren Ständen die Holzstangen aus dem Boden lösen und die Planen einholen. Optisch sieht das aus, als ginge eine langsame Laola-Welle durch die Gasse. Mehr machen die Händler aber auch nicht, ihre Waren lassen sie an Ort und Stelle stehen, auf zwischen den Gleissträngen. Man sieht dabei aber, dass sie das nicht zum ersten Mal machen, denn die Waren sind nur auf etwa vierzig Zentimeter Höhe aufgetürmt, so dass der Zug darüber fahren kann, ohne dass etwas beschädigt wird oder eine Konstruktion zusammenbricht.

Dann kommt der Zug unter lautem und konstantem Hupen angerollt, mit einer Geschwindigkeit, die man nicht einmal als Schrittgeschwindigkeit bezeichnen kann. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass der Zug durch die Erdbeschleunigung vorangetragen wird. Dementsprechend dauert es auch eine Ewigkeit, bis der gesamte Zug an uns vorbeigefahren ist. Hinter dem Zug arbeitet sich die Laola-Welle wieder durch den Markt, diesmal in entgegengesetzter Richtung – die Marktstände werden wieder aufgebaut.

Wir haben nun etwa zwanzig Minuten Zeit uns noch ein wenig im Viertel umzuschauen, wir nutzen die Zeit und suchen einen Supermarkt um Tigerbalsam zu kaufen. Als wir wieder im Café sind, erzählt uns Bengi, dass der Zugfahrer bei der Einfahrt in den Bahnhof hier beim Besitzer einen Kaffee bestellt hat. Ich halte das zunächst für einen Witz, bekomme aber kurz darauf zwei Becher Frappée in die Hand gedrückt und finde mich auf einem kleinen Hocker direkt am Bahngleis wieder. Nach ein paar Minuten werden wieder die Markisen abgebaut, wir hören ein lautes Hupen und kurze Zeit später kommt der Zug gemächlich angerollt. Gleich neben mir macht er einen außerplanmäßigen Halt, ich drücke dem Zugfahrer die Getränke in die Hand, das Gefährt setzt sich wieder in Bewegung und die Markisen werden wieder aufgebaut. Ein faszinierendes Schauspiel, das sich heute noch zwei Mal wiederholen wird. Wir allerdings haben nun genug gesehen und begeben uns auf dem kürzesten Weg zurück zum Bus.

Kurz nachdem wir losgefahren sind, erreichen wir mit Damnoen Saduak auch schon das nächste Kuriosum thailändischer Shoppingkultur: Am Ufer eines Flusses stehen bereits Ruderboote bereit, die uns ein Gefühl von Venedig vermitteln. Wir steigen ein, die Bootsführerin fängt an zu rudern, das Boot setzt sich in Bewegung und bleibt nach wenigen Metern mit einem deutlich vernehmbaren „tock“ stehen – wir haben das von uns befindliche Ruderboot gerammt. Allerdings trifft uns keine Schuld, denn das Boot vor uns hat stillgestanden – ein Stau hat sich im ohnehin dichten Verkehr auf dem Fluss gebildet. Links und rechts von uns sind kleine Stände aufgebaut, in denen die Händler ihre Ware feilbieten, mitten im Getümmel der Boote kommen uns weitere Händler auf Booten entgegen, die gebratene Fleischspieße, Klebreis und Obst verkaufen – shoppen macht bekanntlich hungrig!

Als Controller, der tagtäglich mit Prozessanalyse und -optimierung beschäftigt ist, fällt mir natürlich direkt der Haken am Konzept dieses Marktes auf: Die Fahrwege sind so eng bemessen, dass zwei Boote kaum neben einander passen, dass uns dann noch Boote entgegen kommen, macht die Sache nicht besser. Wenn nun also jemand etwas Interessantes in einem der Läden entdeckt, ist es natürlich nicht damit getan einfach daraufzuzeigen und Ware gegen Geld zu tauschen. Findet man übrigens etwas in einem Laden auf der anderen Seite des Flusses, kann man sich durch Rufen bemerkbar machen, die Personen im Nachbarboot, das sich zwischen Käufer und Laden befindet, helfen dann gerne bei Geld- und Warentransfer. Das kritische Element ist aber das Handeln: Ohne geht es einfach nicht, weil die Preise hemmungslos überteuert sind und die Händler damit rechnen, dass gehandelt wird. Nun wäre es – klarer Fall – eine unverzeihliche Beleidigung des Händlers, einfach direkt den ausgerufenen Preis zu akzeptieren und den Prozess der Preisverhandlung zu überspringen. Andererseits hat das wiederum zur Folge, dass alle nachfolgenden Boote so lange warten müssen, bis eine Einigung erzielt und der Kaufvorgang abgeschlossen wurde. Das erklärt nun also den Stau, in dem wir stehen.

Obwohl eigentlich alle Stände mehr oder weniger den gleichen Schrott die gleichen Waren anbieten, fällt doch recht schnell auf, dass unsere Bootsführerin an manchen Stellen schneller vorbeifährt, dafür an anderen Ständen aber eine Erholungspause zu machen scheint. Ich vermute ja, dass jeder der Bootsführer, die hier unterwegs sind, mindestens einen Verwandten hat, der einen solchen Laden führt und man sich so auf dem Fluss die Kundschaft zwischen den Familien aufteilt. Auch wenn ich – selbst bei näherer Betrachtung – nie im Leben auf die Idee gekommen wäre hier etwas zu kaufen, macht die Fahrt über den Schwimmenden Markt sehr viel Spaß und ich bin froh das einmal erlebt zu haben.

Von den Ruderbooten steigen wir um in Landschwanzboote, statt mit Muskelkraft geht es nun also mit der Unterstützung überdimensionaler LKW-Motoren, die zu einem Schiffsantrieb umfunktioniert wurden, weiter. Den Schwimmenden Markt hinter uns lassend biegen wir an einer unscheinbaren Kreuzung zweier Wasserstraßen ab und sind plötzlich ganz alleine (soweit man bei vier Booten von „ganz alleine“ sprechen kann). Auch wenn es nur etwa eine Dreiviertelstunde dauert, so fahren wir nun gefühlt mehrere Stunden über Kanäle durch eine Waldlandschaft, in der links und rechts am Ufer Wohnhäuser errichtet wurden. Jedes Haus verfügt über eine eigene aus Brettern und Seilen zusammengezimmerte Schiffshebeanlage, bei der der deutsche TÜV-Prüfer spontan einen Herzinfarkt bekäme, da sie garantiert gegen mehrere Dutzend Vorschriften verstößt, aber sie scheinen offenbar ihren Zweck zu erfüllen. Natürlich verfügt auch jedes Haus über ein Haus für den Grundstücksgeist. Erschreckenderweise ist manches Geisterhaus in einem deutlich besseren Zustand als das Wohnhaus selbst. Generell bekomme ich den Eindruck, dass einfach gewartet wird, bis ein Haus komplett wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, dann werden die Trümmer beiseite geschafft, einmal durchgefeudelt und anschließend ein neues Haus gebaut. Bei dem ein oder anderen Grundstück kann das allerdings nicht mehr lange dauern…

Am Zielort angekommen wartet bereits unser Busfahrer auf uns, wir steigen ein und fahren zum Khanon-Tempel, in dem es ein kleines Museum zum traditionellen Schattenpuppentheater gibt. Auf dem Weg dorthin erzählt uns Bengi einige Anekdoten der thailändischen Sagenwelt, wenn ich das richtig verstanden habe, geht es in allen Geschichten um Neid, Missgunst, Mord und Totschlag. Ein paar Götter, die schlichtend mitwirken, sind allerdings auch dabei, so dass am Ende (natürlich!) alles gut wird. Ehrlich gesagt hatte ich aufgrund der Beschreibung von Marco Polo erwartet, dass wir eine Vorführung besuchen und uns die von Bengi erzählte Geschichte nun als Schattenpuppentheater anschauen können. Pustekuchen! Wir können uns lediglich die aus Wasserbüffelleder hergestellten Schablonen anschauen, zu denen dann jeweils ein erklärender Text geliefert wird. Das Interesse der Gruppe ist dementsprechend nach wenigen Minuten erschöpft und wir begeben uns nach einem Besuch im Glückshaus (die thailändische Bezeichnung für Toilette) zurück zum Bus.

Das Hotel, in dem wir die nächsten zwei Nächte verbringen, ist ein schwimmendes Floßhotel, dass nur vom Wasser aus zu erreichen ist. Daher lassen wir nach einer etwas längeren Fahrt den Bus zurück und steigen auf Langschwanzboote um, die uns nach einer etwas zwanzigminütigen Fahrt am Hotel absetzen.

Im Vorfeld ist bereits innerhalb der Gruppe wild über dieses Hotel spekuliert worden, die Prognosen bezüglich der Elektrizitätslage siedelten irgendwo zwischen „Nachts stellen die den Strom ab“ und „Es gibt überhaupt keinen Strom“. Vor Ort stellt sich schnell heraus, dass Letzteres der Fall ist: Es gibt keinen Strom. Das Gute daran ist: In den Doppelzimmern gibt es keinen Streit um die generell in den Hotels sparsam verbaute(n) Steckdose(n) (meistens gibt es nämlich nur eine einzige Dose im Zimmer). Das weniger Gute: Einige der Damen bekommen schon jetzt Panik, weil sie sich so die Haare nicht föhnen können. Merke: Glätteisen funktionieren ohne Strom auch nicht. Ich mache mir lediglich Sorgen wegen der Regenwasserduschen und als ich es unmittelbar nach Bezug meines Zimmers ausprobiere, werden meine schlimmen Befürchtungen bestätigt: Das Wasser ist kalt. Nicht kühl, sondern ar***kalt.

Eine Felswand mit Bambusstäben abstützen – das nenne ich mal Optimismus… Gesehen im Mon-Dorf nahe des Floßhotels.

Eine Regenwasserdusche halt. Ich möchte meinen Rucksack auspacken und mich gemütlich einrichten, dafür suche ich reflexartig mit meiner Hand den Lichtschalter an der Wand und greife ins Leere. Logisch: Wenn es keinen Strom gibt, gibt es auch kein Licht. „Mist“, denke ich mir, öffne die Zimmertür, schnappe mir die Kerosinlampe, die vor jedem Zimmer auf dem Fußboden steht, und hänge sie in meinem Zimmer an den dafür vorgesehenen Haken. Das kann ja heiter werden! Wir sind auf einem Floß mitten in der Pampa, ohne Strom und Licht. Um herauszufinden, was man hier unternehmen kann (immerhin sind wir ja zwei Nächte hier), suche ich mein Handy, tippe den Hotelnamen und das Wort „activities“ ein, drücke die Enter-Taste und es tut sich … nichts. Logisch: Wenn es keinen Strom gibt, gibt es auch kein WLAN. Das kann ja heiter werden!

Vom Floß führt ein schmaler aus Bambusstäben zusammengebundener Steg ans Ufer. Dort soll – laut einer Information am Schwarzen Bett ein Mon-Dorf liegen, in dem die Hotelangestellten wohnen. Da es sich bei den Mon um ein Bergvolk handelt, das noch recht ursprünglich leben soll, möchte ich mir das natürlich einmal anschauen. Da die anderen (logischerweise) nichts großartig Anderes zu tun haben, bildet sich schnell ein kleines Grüppchen, das sich in Richtung des Dorfes bewegt. Was wir dort sehen, bestätigt meine Erwartungen: Kleine einfache Bambushütten, die sich entlang es schmalen Trampelpfades aufreihen, vor einer Hütte entdecke ich ein Solarpanel, ansonsten gibt es auch hier weder Strom noch fließendes Wasser, geschweige denn eine Kanalisation. Dafür verfügt das Dorf aber über eine eigene Schule, ein Elefanten-Camp mit zwei Tieren, eine überraschend große und dadurch beeindruckende Tempelanlage und eine Buddha-Höhle. Vom Gesamteindruck her könnte das Dorf locker als Kulisse für einen neuen Mel Gibson-Film dienen, die Requisiteure könnten im Vorfeld Urlaub nehmen, denn man müsste nichts ändern. Während wir durch das Dorf schlendern, erzählen wir uns gegenseitig Anekdoten aus Horrorfilmen, die wir gesehen haben und ich nehme mir fest vor, heute Abend meine Zimmertür gut abzuschließen. Sicher ist sicher.

Am Abend sitzen wir urgemütlich und todromantisch bei Kerzen- und Kerosinlampenschein (Strom gibt es ja nicht und damit auch keine Beleuchtung) und lassen den Abend feucht-fröhlich ausklingen. Nach und nach nimmt sich jeder seine Zimmerlampe und begibt sich ins Bett.

Es wurde Abend, es wurde Morgen. Ein neuer Tag!

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