Kategorie: deep insight.

Wings for Life World Run 2016

27°C zeigt das Thermometer an. Wo genau ich bin, weiß ich nicht, nur, dass bereits vor einiger Zeit mein Gehirn den Dienst quittiert hat, als es feststellte, dass meine Beine auch von alleine funktionieren.

Die Sonne brennt gnadenlos; seitdem wir den Olympiapark verlassen haben, gibt es kaum noch Schatten – und wenn, dann stapeln sich die Läufer nahezu in den eng bemessenen Schattenplätzen, nur um nach ein paar Millisekunden wieder dem Höllenfeuer ausgesetzt zu sein.

Kann sich eigentlich irgendjemand noch an das Getränk R’activ erinnern? Das war zu Beginn der Neunziger total angesagt, ist dann aber relativ schnell und von der Menschheit unbemerkt vom Markt verschwunden. Unvergessen ist der Werbespot von 1992 mit dem Typ, der halbverdurstet über Sanddünen mitten durch die Wüste läuft und dann plötzlich vor einem Kühlschrank mit R’activ steht. Ein paar hundert Meter trage ich die Hoffnung mit mir, dass hinter nächsten Kurve auch auf mich ein solcher Kühlschrank wartet. Dabei ist die letzte Verpflegungsstation gerade mal – ich werfe einen prüfenden Blick auf meine Uhr – knappe eineinhalb Kilometer her, was heißt, dass ich noch dreieinhalb Kilometer bis zur nächsten Station vor mir habe. Mir ist heiß, ich habe Durst, aber keine Ahnung, warum ich mir das schon wieder antue.

wflwr2016gerolsteinerBei Kilometer 8 war dieses Jahr erstmalig eine Traverse über die Laufstrecke gebaut, die es den Läufern ermöglicht hat, durch eine kühle Nebelwand zu laufen. Nette Idee, sollte vielleicht nächstes Jahr auf die gesamte Strecke ausgeweitet werden. Auf jeden Fall an dieser Stellevielen Dank an Gerolsteiner, ihr seid die Besten!

Um die Lobhudelei gleich mal fortzusetzen: Es ist einfach ein bombastisches Gefühl, mit achttausend anderen Verrückten durch das Münchner Umlland zu laufen, dieses Event ist auf jeden Fall das absolute Highlight in meinem persönlichen Veranstaltungskalender. Unvergleichlich wird die Atmosphäre allerdings erst durch die Initiative der Anwohner, die – obwohl man erwarten würde, dass durch die doch recht starken Einschränkungen bei ihnen die Nerven blank liegen – das Event erst zu dem machen was es ist: SAM_5605Stundenlang stehen Anwohner am Gartenzaun und applaudieren, viele Familien haben Bierzeltgarnituren am Wegrand aufgebaut und machen die Läufer zu einem Teil ihrer eigenen Party. Samba-Gruppen wechseln sich ab mit kleinen Kindern, die alles herangeschleppt haben, womit man Krach machen kann. Meine persönlichen Helden: Die Anwohner, die keine Kosten und Mühen scheuen und mit Gartenschlauch am Straßenrand stehen, jederzeit bereit für eine angenehme Abkühlung zu sorgen. Und dann war da noch Karlsfeld. Ich hatte die Ehre diesen Ort noch zu durchqueren, kurz bevor meine Reise durch das Catcher-Car abrupt beendet wurde. Karlsfeld ist ein Name, den ich mir merken werde, denn dieser Ort hat neue Standards gesetzt wenn es darum geht, bei einem Laufevent für Stimmung zu sorgen. Mein Ziel für nächstes Jahr ist somit schon mal gesetzt: Mindestens bis Karlsfeld, danach so weit wie möglich!

Für dieses Jahr habe ich es kurz hinter dem Ortsausgangsschild dabei bewenden lassen und bin stolz, bei diesen Temperaturen und Rahmenbedingungen 20,6 Kilometer geschafft zu haben.

Zeitgleich mit dem Startschuss begann übrigens um Punkt 13:00h die Anmeldung für den Wings for Life World Run 2017. Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass ich das gleich nach meiner Ankunft daheim um 17:30h bereits erledigt hatte. Natürlich werde ich wieder dabei sein!

Danke an Red Bull und die Wings for Life Foundation für dieses unglaubliche Gefühl, dass ich beim Wings for Life World Run 2016 erleben durfte!

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Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Zu meinen Vorsätzen für 2016, die zugebenermaßen ziemlich ambitioniert sind, habe ich bewusst nicht „Mach mehr Sport“ hinzugeschrieben. Dieses Vorhaben nehmen nämlich viele in Angriff, die meisten halten aber erfahrungsgemäß nicht länger als ein oder zwei Monate durch. Und da ich nicht zwingend zur Masse gehören möchte, habe ich mir diese vorhersehbare Erniedrigung ersparen wollen.

Es ist aber nicht so, dass ich überhaupt nichts mit Fitnessstudios zu tun habe: Jeden Morgen fahre ich auf dem Weg zur Arbeit an einem vorbei, jeden Abend ebenfalls. Also: Tuchfühlung ist durchaus vorhanden.

Heute habe ich es aber doch getan – ich bin hineingegangen. Was sich dann abgespielt hat, möchte ich hier kurz nachstellen:

Ich: „Hallo, ich möchte gerne ein Probetraining bei Euch machen. Wann kann ich da einen Termin bekommen?“

Sie: „Kein Problem, wie wäre es gleich jetzt?“

Ich schaue kurz an mir herunter: Dicke Winterjacke, ausgebeulte Jeans, Straßenschuhe.

„Eher schlecht. Geht auch ein anderer Termin?“

„Klar, kein Problem. Wie wäre es mit […]?“

„Super, den Termin nehme ich.“

„Perfekt. Hast Du ein bestimmtes Ziel?“

Wohlwissend, dass wir beide erst ganz am Anfang unserer Beziehung stehen, bin ich mir unsicher, ob ich gleich die Karten auf den Tisch legen soll. Ich entscheide mich für den Mittelweg – ein eher harmloses Ziel nennen.

„Ich traue mich ja kaum das zu sagen, aber ich möchte im September den Tough Mudder absolvieren.“

Ein Lächeln umspielt ihre Lippen, ihr ganzes Gesicht fängt an zu strahlen. Sie sagt aber nichts.

„Und an den üblichen Problemzonen möchte ich auch arbeiten.“

Sie nickt beruhigt und fängt an, etwas in ein Formular zu schreiben, hört dabei aber nicht auf zu grinsen.

Wären wir uns unter anderen Umständen begegnet, hätte ich mich gefreut sie zum Lachen gebracht zu haben, aber so wird es echt schwierig werden mit uns beiden.

Gottseidank habe ich noch nichts vom Tough Guy 2017 erzählt…

Deep in the Mud

5:30h. Mein Wecker klingelt. Es ist der 6. Januar, ein Feiertag in Bayern, ich habe heute frei und mein Wecker klingelt um 05:30h.

Meine Eltern haben die letzten Tage bei mir verbracht und fahren um 6:15h mit dem Zug wieder in Richtung Heimat. Als ich sie zum Bahnhof bringe und auf dem Vorplatz parke, überlege ich kurz, ob ich nicht einfach mitfahren soll. Oder in einen anderen Zug einsteigen, egal wohin der fährt. Aber das wäre feige, schließlich würde ich vor der Herausforderung flüchten und meine Mitstreiterin hängen lassen. Also fahre ich wieder heim, ordne meine Gedanken und meine für den heutigen Tag benötigten Utensilien, verfalle kurzzeitig in Panik, weil ich meine Funktionssocken nicht finde, dusche noch einmal sehr lange und sehr heiß, wohlwissend, dass ich die Hitze am Besten in jeder Faser meines Körpers speichere um möglichst lange davon zehren zu können.
9:30h. Mein Handy klingelt. Es ist eine Nachricht, die besagt, dass meine Mitstreiterin vor meiner Haustür im Auto sitzend auf mich wartet. Mist! Jetzt gibt es also keinen Weg mehr zurück. Ich steige ein, der Motor heult auf, das Auto setzt sich in Bewegung, es geht los. Fünfzig Kilometer trennen uns vom Zielort.

Fünfzig Kilometer, von denen ich jeden einzelnen Meter nutzen werde, mir Vorwürfe zu machen, wie ich nur so bescheuert sein konnte. Und: Warum ich wieder mal den Mund nicht halten konnte. Und: Warum ich – ohne vorher nachzudenken – direkt sagen musste: Ich bin dabei! Ich hätte es besser wissen müssen. Oder alternativ auf meine Murtaugh-Liste schauen, da steht’s auch drauf. Nun ist es dafür allerdings dezent zu spät.

Noch 48 Kilometer. Die leichte Schneedecke, die rechts von der Autobahn vorzufinden ist, macht mir irgendwie Sorgen. Insgeheim hoffe ich, dass es auf der Fahrerseite, wo Nicole sitzt, anders aussieht.

Noch 35 Kilometer. Ich schlage vor, dass wir unseren Plan ändern und stattdessen in die Therme nach Erding fahren, immerhin sind wir ja eh schon in die richtige Richtung unterwegs. Wir müssten nur einfach ein Stück weiterfahren. Blöderweise hat Nicole keinen Badeanzug dabei. Mist.

Noch 26 Kilometer. Nicole deutet auf die Digitalanzeige im Armaturenbrett und sagt: „Schau mal, es sind 2,5 Grad, hätte doch schlimmer kommen können“. In dem Moment springt die Anzeige auf 2,0 Grad. Ich klemme mir eine Antwort und schaue verzweifelt aus dem Beifahrerfenster.

Noch 20 Kilometer. Ob das eigentlich einen besonderen Grund hat, dass diese Veranstaltung von der Barmer GEK – einer Krankenkasse – gesponsert wird?

Noch 14 Kilometer. Wir haben die Autobahn verlassen und fahren die letzten Kilometer auf der B471. Links von uns liegt der mir wohlbekannte engelbert strauss workwearstore und ich bin versucht um eine Pause zu bitten, damit ich mir dort noch auf die Schnelle einen Neopren-Fatsuit mit eingebauter Webasto-Standheizung und Siebenmeilenstiefeln kaufen kann. Leider ist ja heute ein gesetzlicher Feiertag und der Laden hat zu. Wäre ja auch zu schön gewesen.

Noch 0,2 Kilometer. Wir sehen das Schild, welches uns darauf hinweist, dass wir unser Ziel erreicht haben. Die Regattastrecke Oberschleißheim liegt rechts von uns und ich stelle fest, dass mein Fluchtverlangen nachlässt. Anscheinend habe ich mich nun meinem Schicksal ergeben.

Nicole findet eine Parklücke, wir steigen aus, ich bekomme spontan Frostbeulen, steige gedanklich wieder ein, überwinde mich dann aber doch und hole meine Jacke aus dem Auto. Wie bescheuert das ist, bemerke ich erst später: In knapp einer Stunde werde ich mich eines Großteils meiner Bekleidung entledigen müssen und das erste, was ich beim Aussteigen mache, ist etwas anzuziehen? War blöd, habe ich selbst gemerkt.

Mudiator2016

Der Blick auf die Regattastrecke offenbart Böses: Laufparcours, Schwimmstrecke, Wasserrutschen – da wird einiges auf uns zukommen.

Zum Glück hatten wir keinen Fotoapparat dabei (der wäre eh ziemlich schnell ziemlich nass geworden), sodass ich mir ein Nachher-Foto ersparen kann. Auf dem Vorher-Foto, kurz vor dem Start der Ruderregatta, machen wir aber – wie ich finde – einen souveränen Eindruck!!

Über die Strecke kann ich nur sagen: Wahnsinn! Bei Temperaturen um den Nullpunkt (Luft) bzw. kurz vor Eisbildung (Wasser) 18 Kilometer durch die Pampa zu laufen, ständig nass, ständig am Limit, mit einem Puls bei 200 – das ist echt hart. Vor allem der Moment, als wir beschlossen haben, die Ruderstrecke nicht mit Schwimmreifen (wie vom Veranstalter gedacht) zu queren, sondern schwimmend ohne Reifen, gehört nicht zu den Höhepunkten meines Lebens. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich Johanna K. mein Leben verdanke, die mich mit ihrem Schwimmreifen auf die andere Seite gebracht hat, denn sonst wäre ich mit Beinkrämpfen im eiskalten Wasser untergegangen. Lektion des Tages: Selbstüberschätzung kann böse enden.

Die gesamte Tortur könnt ihr nacherleben, wenn ihr auf das folgende Foto klickt, der Link bringt euch auf die Polar Flow-Seite:

 

Feiertagsspaziergang

 

Aber: Wir sind angekommen und können auch an den Mudiator einen Haken machen.

Nächstes Ziel: Mal schauen…

Ach ja: Da ist das Ding!

Mudiator-Urkunde

Ich habe Angst vor morgen!

Gestern erreicht mich eine Nachricht, dass L. meine Startunterlagen für mich abholen könnte. Einerseits gut, denn so muss ich heute nicht schon mitten in der Nacht in Erding sein, um dies selbst zu erledigen. Andererseits nicht ganz so gut, denn so geht meine letzte Ausrede flöten, dieses zögerliche „Mal schauen, wenn ich es morgen schaffe, melde ich mich bei Dir“. Es steht also fest – ich starte beim Stadtlauf in Erding.

Eigentlich nicht spektakulär, schließlich geht es „nur“ um die 10km-Distanz. Aber hey, das Leben ist ja von sich aus schon voller Herausforderungen, da kommt es auf die ein oder andere Zusatzchallenge auch nicht mehr an.

Wenn ich mal an den Jahresanfang zurückblicke, zu dem Zeitpunkt, den wir traditionell nutzen um guten Vorsätze für das neue Jahr zu fassen, dann kann ich eines festhalten: Von Sport ist da nie die Rede gewesen, erst recht nicht vom Laufen.

Dann passierte jedoch im Laufe des Jahres folgendes:

  • Teilnahme am Wingsforlife World Run, bei dem mein Chef dankenswerter Weise die Startgebühr gesponsert hat. Klar, dass ich da wieder nicht den Mund halten konnte, sondern das vielmehr als eine „Super-Idee“ bezeichnet und begeistert meine Teilnahme zugesagt habe. Dieser Lauf war mein allererster Lauf überhaupt und ich bin mit (mich selbst beeindruckenden) 17,2km gelaufener Distanz aus der Nummer herausgegangen.
  • Teilnahme am Stadtlauf München, eigentlich nur aus schlechtem Gewissen, denn als frischgebackener Sportminister der Firma habe ich es allen Ernstes geschafft, Kollegen zur Teilnahme am Augsburger Stadtlauf zu überreden, nur um dann zu verkünden, dass ich selbst terminlich verhindert bin. Daher also zwei Wochen später meine Teilnahme in München, da dann natürlich über die Halbmarathon-Distanz. Beim Wingsforlife-Lauf hatte ich mich letztlich doch ein wenig geärgert, dass es nicht für die 21,1km gereicht hat und so konnte ich nun ohne Risiko testen, ob die Distanz machbar ist oder nicht. Die Vorbereitung für den Stadtlauf war intensiv: Ich hatte im Vorfeld die Streckenfühung auswendig gelernt und kannte jede Verpflegungsstation und (noch wichtiger) jede nahegelegene U-Bahn-Station, falls die Kondition doch nicht ausreicht. Im Ziel standen für mich und mein (nicht vorhandenes) Trainingsstadium herausragende 1:53h auf der Uhr, als die Ziellinie überquerte.
  • Teilnahme am ToughMudder, die ich nur meiner bekanntermaßen großen Klapp zu verdanken habe. Wenn sich zwei erwachsene Menschen über etwas unterhalten, dass sich schon beim ersten (unfreiwilligen) Hinhören als total bescheuert erweist, ist das letzte, was man tun sollte: Interesse anmelden. Infolgedessen war das letzte, was ich tat, bevor ich den Raum verließ: Interesse anmelden. Meine Damen und Herren, ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor etwas Vergleichbares getan zu haben. Diese Event ist total überflüssig, bescheuert, dreckig, eklig und zeitweise auch schmerzhaft. Aber es hat so viel Laune gemacht, dass Worte dies eigentlich nicht angemessen beschreiben können. Ich habe mich erstmals seit Langem wieder wie ein kleiner Junge gefühlt, der hemmungslos im Schlamm wühlen und mit dreckigen Klamotten heim kommen durfte. Und das dann noch mit liebenswerten Menschen in einem grandiosen Team durchstehen zu dürfen – das ist unbezahlbar.
  • Teilnahme am 14. Stadtlauf Erding. Jetzt kommen wir also zum aktuellen Thema. Die bisherige Auflistung meiner diesjährigen sportlichen Highlights soll verdeutlichen, dass nicht mehr viel spektakulär Neues möglich ist, ohne dass ich ernsthaft anfange zu trainieren. Eine Sache gab es aber noch: Beim Stadtlauf in München, der von SportScheck organisiert wird, gibt es den Service des Pacemakers, das sind Läufer, die ein bestimmtes Tempo laufen und daher zur Orientierung dienen. Beim Halbmarathon hatte ich mich beispielweise über lange Strecken an den 2-Stunden-Pacemaker rangehängt, um eben jene Zeit nach Möglichkeit zu erreichen. Besondere Bedeutung wurde auf der ebenfalls angebotenen 10km-Distanz dem 50-Minuten-Pacemaker beigemessen und der Kommentator auf der großen Veranstaltungsbühne wurde nicht müde, die 50 Minuten als „Schallmauer“ für Amateurläufer zu bezeichnen. Da wusste ich: Irgendwann probiere ich das auch mal. Heute war es dann also so weit. Um 15:30h stehen wir an der Startllinie, ein Schuss fällt, die Masse setzt sich in Bewegung, ich laufe ebenfalls los. Das Tempo ist extrem hoch, aber ich habe bereits in der Vergangenheit die Erfahrung, dass es nicht schaden kann, anfangs ein hohes Tempo mitzulaufen. Wenn ich dann später einbreche, habe ich immer noch ein paar Meter zur Erholung, bis meine Bekannten mich einholen. Erding selbst zeigt sich von seiner schönsten Seite: Samba-Combos, Blaskapellen und haufenweise Zuschauer säumen den zwei Kilometer langen Rundkurs, den es fünf mal zu absolvieren gilt. Der Veranstalter weist ausdrücklich im Vorfeld darauf hin, man möge als Läufer seine Runden mitzählen. Ich halte das zunächst für lustig, ärgere mich aber dann später doch, dass ich das nicht getan habe, denn fast biege ich am Ende falsch ab, was mir eine Extrarunde beschert hätte. So grandios die Atmosphäre in dieser wunderschönen Stadt ist, so grandios ist auch mein Ergebnis: 48:15 Minuten Bruttozeit stehen auf meinem Tacho, als ich die Ziellinie überquere. Somit kann ich sagen: Mission Completed, an meine Challenge „Zehn Kilometer unter fünfzig Minuten“ mache ich mal einen fetten Haken!

Nun, da ich im Bett liege und diese Zeilen tippe, tut mir alles weh, jeder einzelne Knochen, jeder Muskel schmerzt höllisch. Ich bin sogar überzeugt, einige Muskeln zu spüren, von deren Existenz ich bisher noch nicht wusste. Blöd nur, dass jetzt schon alles weh tut, denn richtig schlimm wird es ja meist erst am folgenden Tag, als morgen.

Ich habe Angst vor Morgen!

Aber trotzdem bin ich verdammt stolz auf meine heutige Leistung und mag Euch das Ergebnis natürlich nicht vorenthalten. Da ist das Ding!

StadtlaufErdingUrkunde-001

 

Alles steht Kopf im Cinemaxx

Das Cinemaxx wird 25.

Eigentlich nichts besonderes, wäre nicht ein kluger Kopf der Marketingabteilung auf die grandiose Idee gekommen, eine Jubiläumsaktion rauszuhauen: 25 Jahre, zu diesem Anlass gab es Anfang des Monats eine Jubiläumskarte zu kaufen – 25 Tage Kino für 25 Euro. Das Prinzip kenne ich ja schon durch meine Zeit als GoldCard-Kunde. An dieser Stelle nur für’s Protokoll: Ich habe mir die aktuelle Karte nicht gekauft.

Warum ich das aber hier erwähne, ist folgendes:

98% der in der Sneak-Preview gezeigten Filme sind der letzte Schrott. Seit nun fast vier Jahren tue ich mir Woche für Woche die Sneak an und die Filme, die ich verpasst habe, kann ich an einer Hand abzählen Insofern erachte ich mich selbst durchaus als zuverlässige Quelle. Wenn ich allerdings eine Flatrate-Karte gekauft habe, schaue ich mir auch den letzten Schrott an, was dazu führt, dass die Sneak seit drei Wochen extrem voll ist.

Vor zwei Wochen lief: Everest (3D), ein Film, den ich als grandios bezeichnen würde. Eigentlich nicht mein Genre, und bei den heutigen Preisen für 3D-Filme (13,50€) erledigt sich das Thema für mich sowieso, denn das ist einfach nicht finanzierbar. Umso besser, dass er in der Sneak gezeigt wurde und ich diesen somit für vier Euro sehen durfte.

Die Story: Fesselnd, behandelt der Film doch das Unglück von 1996, bei dem acht Bergsteiger einer kommerziellen Expedition ihr Leben bei einem Unwetter auf dem Mount Everest ließen, darunter mehrere erfahrene Bergführer.

Die Umsetzung: Großartig, obwohl der Film größtenteils in den Alpen gedreht wurde. Ich selbst war noch nie auf dem Mount Everest, daher weiß ich nicht, wie es dort aussieht. Jedoch gehe ich davon aus, dass da anständig recherchiert und mit Computer nachgeholfen wurde. Optisch glaubwürdig und perfekt in 3D umgesetzt.

Logische Konsequenz: Ein knackevoller Kinosaal in der Folgewoche.

 

Letzte Woche lief: The Visit (3D).

Auch hier bin ich froh, dass der Film in der Sneak lief, schaue ich doch sonst so selten wie möglich Horrorfilme an.

Nach mehreren Tiefschlägen hat sich M. Night Shyamalan an ein neues Projekt gewagt: Aus eigenen Mitteln mit einem Budget von fünf Millionen Dollar finanziert, mit unbekannten, aber überzeugenden Schauspielern besetzt, die während des Films über sich hinauswachsen. Einzige Kritik meinerseits: Der Film ist im „Found Footage“-Stil gedreht, wie wir es von „Blair Witch Project“ kennen. Leider ist die Kameraführung aber deutlich zu perfekt, so dass der Schrecken und die Beklemmung, von der „Blair Witch Project“ gelebt hat, bei „The Visit“ nicht funktionieren. Schade, aber dennoch ein gelungenes Comeback von Shyamalan.

Logische Konsequenz: Ein knackevoller Kinosaal in der Folgewoche.

 

Gestern lief: Alles steht Kopf (3D).

Startzeit ist 18:50h, ich stehe um 17:30h an der Kinokasse und blicke fassungslos auf den Bildschirm, den der Mitarbeiter zu mir hergedreht hat. Nur noch drei freie Plätze gibt es in dem ganzen Kino, alle in der letzten Reihe, aber ganz im Eck. Die Sicht von den Plätzen aus ist dürftig, das weiß ich aus meiner langjährigen Erfahrung in Bezug auf dieses Kino.

Wir einigen uns darauf, dass ich zwanzig Minuten vor Vorstellungsbeginn noch einmal vorbeikomme, denn dann werden die reservierten Plätze freigegeben. Gesagt, getan: Ich stehe um 18:30h wieder an gleicher Stelle und könnte vor Begeisterung platzen. Ein freier Platz in der fünften Reihe mittig, also praktisch ein Jackpot.

Das Licht geht aus, wir sehen, dass ein Animationsfilm gezeigt wird.

Ein Kameraschwenk über den unendlichen Ozean auf einen aktiven Vulkan. Musik setzt ein, der Vulkan singt ein Lied. Er singt von seiner Einsamkeit und seinem Wunsch nach einer Freundin. Oh Gott, ist das niedlich! Der Film heißt Lava und stammt von den Genies von Pixar. Mir ist direkt klar, dass die Story nicht lange trägt und wie erwartet dauert der Film auch nur knappe zehn Minuten. Aber das, was der Produzent erreichen wollte, hat er geschafft: Keiner in Kino 3 sitzt mehr in den Sesseln, wir kugeln uns vor Lachen auf dem Boden.

Dann beginnt der Hauptfilm: „Alles steht Kopf“, ebenfalls ein Pixar-Film.

„Minute um Minute reißt sich das Animationsstudio vom ‚Gimmickgedanken‘ frei und tut das, was die ‚anderen‘ eben oftmals nicht so gut können: zeitlose Geschichten mit unglaublicher Kreativität und wundervollen Charakteren erzählen. […] Alles steht Kopf aka Inside Out ist der beste Pixar-Film seit Toy Story 3 und reiht sich definitiv zu den besten Produktionen ein, die das kalifornische Animationsstudio jemals hervorgebracht hat.“

Das schreibt David Rams auf movienerd.de und gibt dem Film neun von zehn mögichen Nerds.

Schaut Euch den Trailer an und geht dann ins Kino und schaut Euch dann den Film an.

In dunklen Zeiten wie diesen ist das genau der Film, den ich gebraucht habe. Nach 95 Minuten habe ich das Kino voller Freude und mit feuchten Augen verlassen. Danke Pixar, danke Pete Docters!

 

Tough Mudder Süddeutschland 2015

Es ist irgendein Tag im April. Draußen regnet es unaufhörlich und die Tropfen klopfen rhythmisch gegen die Fensterscheibe.
Ich sitze in der Kantine, die seit einiger Zeit von uns „Betriebsrestaurant“ genannt werden muss, obwohl sie die Qualität, welche ich mit dem Wort „Restaurant“ verbinde, schon lange nicht mehr liefert. Das könnte auch der Grund sein, warum ich – trotz des schlechten Wetters – alleine am Tisch sitze. Die anderen vom Stammtisch haben es schlauer gemacht als ich und sind ausgeschwärmt.

Am Nachbartisch sitzen zwei Kollegen, die in ein Gespräch vertieft sind. Ich möchte ja eigentlich nicht lauschen, aber da wir nur zu dritt im Raum sind und das Gespräch mit einem leicht erhöhten Lautstärkepegel geführt wird, komme ich nicht umhin.
Ich höre komische Dinge. Sie haben fast ausschließlich mit Nässe, Schlamm, Stacheldraht, Stromschlägen und sonstigen an Erniedrigung grenzenden Quälereien zu tun.
Ein wenig habe ich das Gefühl, Zeuge eines schweren Verkehrsunfalls zu sein – ich möchte nicht zuhören, bin aber irgendwie fasziniert von dem, was ich höre.
Nach einiger Zeit stehe ich auf, gehe an den Nachbartisch und sage: „Seid ihr eigentlich total bescheuert? Das tut sich doch kein normaler Mensch freiwillig an!“. Zumindest glaube ich bis zuletzt, dass ich das sage, höre allerdings, wie folgende Worte meinen Mund verlassen: „Das hört sich total bescheuert an. Ich bin dabei!“

Zeitsprung.

Wir schreiben den 11.09.2015, den letzten Abend meines „Lebens davor“. Morgen werde ich mich auf die wahrscheinlich irrationalste, bescheuertste, herausforderndste und schmerzhafteste Challenge meines gesamten bisherigen Lebens einlassen.
Drückt mir die Daumen und wünscht mir Glück!

Ich habe Angst.

Tempus Fugit

Wahnsinn! Gerade wird mir bewusst, dass wir bereits den 06. Juli schreiben und somit das erste Halbjahr schon vorbei ist.

Irgendwie verging die Zeit mal echt wie im Flug. Wären heute nicht 35°C auf dem Thermometer gestanden – ich hätte schwören können, dass es erst wenige Tage her ist, dass ich in Prag war. Da waren es allerdings eher minus 35°C – zumindest gefühlt.

Dort habe ich den Jahreswechsel verbracht, eine – wenn ich jetzt mal von der Sylvesternacht absehe – sehr ruhige und beschauliche Zeit, in der ich einige Dinge sortiert und Vorsätze/“Wäre-cool-wenn’s-klappen-würde“-Wünsche gefasst beziehungsweise definiert habe.

Stolz kann ich verkünden, dass ich bereits zur Halbzeit des Jahres zwei der drei Punkte auf der Liste abhaken kann.

Überraschend ist, dass ich sogar einen Punkt abhaken kann, der überhaupt noch nicht auf meiner Liste gestanden hat. Noch nie. In meinem ganzen Leben. Hätte mir Anfang des Jahres jemand erzählt, dass ich anfangen würde zu laufen – ich hätte ihn/sie ausgelacht. Dann habe ich aber doch (knapp zwei Monate nach meinem ersten Lauf überhaupt) bereits den ersten Halbmarathon meines Lebens erfolgreich absolviert. Eigentlich schade, dass mir da eine Vorbereitungsphase glatt abhanden gekommen ist, denn so kam das ganze ein wenig plötzlich.

Umso besser, denn wenn der dritte Punkt auf meiner Wunschliste für 2015 nicht klappt, kann ich das ja als Joker einsetzen .

Das zweite Halbjahr wird übrigens auch spektakulär, denn ich werde auf verschiedene Arten über meine Grenzen hinausgehen.

Mein 1,5wöchiger Urlaub im August wird so ziemlich das anstrengendste sein, das ich jemals gemacht habe. Eigentlich ist es das gleiche wie schon die letzten drei Jahre, aber ich werde halt auch nicht jünger.

Der Tough Mudder 2015 wird so ziemlich das auf jegliche Arte übelste sein, das ich jemals gemacht habe.

Die Europabrücke wird so ziemlich das schwachsinnigste sein, das ich jemals gemacht habe.

Mein erster Solosprung aus 4.000m wird so ziemlich das befreiendste sein, das ich jemals gemacht habe.

Also: Die zweite Hälfte von 2015 kann kommen – ich bin bereit!

Was mache ich hier eigentlich, oder: Habe ich mich das nicht schon mal gefragt?

„Verdammt, ist das früh!“

Das ist der erste Satz, der den Weg von meinem Gehirn in mein Bewusstsein schafft. Ich drehe mich im Bett um und schaue auf den Wecker, der noch immer hochmotiviert klingelt. Wobei „klingelt“ eigentlich das falsche Wort ist, denn ich habe da so ein Hightech-Ding rumstehen, dass eine halbe Stunde vor der eingestellten Weckzeit langsam anfängt, den Raum zu erhellen um dann zur gewünschten Uhrzeit mit Klangholz- und Urwaldregengeräuschen das Finale einzuläuten.

Habe ich gerade „zur gewünschten Uhrzeit“ geschrieben? Der Wecker zeigt fünf Uhr an, das kann ich mir nie und nimmer gewünscht haben. Ich bin doch nicht wahnsinnig! Oder vielleicht doch? Noch mal kurz den Zeitplan des Tages durchgehend stelle ich fest, dass ich mir da nicht so sicher sein kann, denn heute steht der Stadtlauf in München bei mir auf der Agenda.

Stadtlauf! Ich! Fassungslosigkeit macht sich breit, aber ich habe mir das nun mal bewusst ausgesucht. Letztes Wochenende war ich schließlich in München und habe mir für den Halbmarathon angemeldet. 21,1km durch München laufen – ich muss verrückt sein!

Zumal mir letztes Mal, als ich durch München gelaufen bin (ich berichtete) noch eine Woche später die Beine so weh getan haben, dass ich am liebsten einfach nur liegen geblieben wäre. Und da waren es „nur“ 17,2km, die ich auf dem Tacho stehen hatte.

Irgendwie hatte ich mich damals aber auch fast schon geärgert, obwohl ich damals mit dem Vorsatz angetreten bin, fünf Kilometer locker zu schaffen und die zehn Kilometer zu versuchen. Es wurden dann halt siebzehn daraus. Das ärgerliche daran war, dass eigentlich mehr Distanz drin gewesen wäre, allein die Zeit hatte gefehlt.

Nun also der Versuch auf der Halbmarathondistanz…

Ic2015-06-28 07.29.06h erreiche den Marienplatz um 07:30h, es ist noch ziemlich leer, vor allem, da um 08:00h der Startschuss fallen soll. Aber so habe ich noch genug Zeit, mich mit dem Startfeld vertraut zu machen. Es gibt drei Startblöcke, die nach der voraussichtlichen Laufzeit gestaffelt sind: Block 1 für die Rampensäue, die davon ausgehen, das Ziel unter 1:35h zu erreichen, Block 2 für all diejenigen, die unter zwei Stunden das Ziel zu erreichen gedenken und Block 3 für den Rest. Nach reiflicher Überlegung reihe ich mich in Block 2 ein: So kann ich mir bei höherem Anlauftempo einen leichten Vorsprung herausarbeiten, bevor ich zusammenbreche und mit hängender Zunge dem Block 3 hinterher hechele.

Punkt 08:00h fällt der Startschuss. Block 1 setzt sich in Bewegung. Block 2 rückt nach. 08:10h geht es für uns los. Die Kulisse ist toll: Trotz unmenschlicher Uhrzeit stehen viele Menschen an der Straße und jubeln uns zu. Auf der Residenzstraße gegenüber vom Dallmayr steht eine 12köpfige Sambagruppe und haut auf die Pauken. Ich würde gerne stehen bleiben und etwas länger zuhören, aber aus bekanntem Grund habe ich keine Zeit.

Viel zu sehr bin ich damit beschäftigt, meine Beine, Schritte und Atmung zu koordinieren. Dabei lerne ich viel über Relativität: Die ersten fünf Kilometer laufen echt gut – ich bin nicht außer Atem und ich wünsche mir auch nicht, dass es bald enden möge. Ich habe mittlerweile den Trick raus, denn von Zeit zu Zeit suche ich mir immer mal wieder eine Person aus, an deren Fersen ich mich hefte und so schwimme ich recht locker mit dem Strom mit.

Die zweite Fünf-Kilometer-Etappe nehme ich schon kaum noch war, wie in Trance setze ich einen Fuß vor den anderen. Die Kilometer zehn bis fünfzehn hingegen sind echt hart: Meine Beine tun nicht weh, ich atme noch immer locker durch die Nase und auch sonst schmerzt nichts. Aber mein Gehirn meldet sich zu Wort, als es mich darauf hinweist, dass ich kurz davor bin, meine beim „Wings for Life“ gelaufene Strecke – und damit meine bisherige Bestleistung – einzustellen. Natürlich achte ich nun auf jeden Kilometer, bin aus der Trance raus und beginne mich zu fragen, was ich hier überhaupt mache. Und vor allem: Warum ich es mache.

Rückblickend – nun, da ich daheim auf dem Bett liege und diese Zeilen schreibe – kann ich die letzte Frage immer noch nicht beantworten.

Auf den letzten Kilometern trennt sich die Spreu vom Weizen – nicht, was die Laufzeiten angeht, denn die ersten sind wahrscheinlich schon längst im Ziel.

In meinem Feld hat sich die letzten 17 Kilometer nicht viel geändert, es ist immer noch genauso dicht wie am Anfang. Einerseits gut, weil ich mich immer an jemanden dranhängen kann (das hat beim „Wings for Life“ zuweilen gefehlt, wenn fünfzig Meter vorweg und hinterher kein weiterer Läufer ist), andererseits aber auch echt madig, weil ich die Hälfte der Zeit damit beschäftigt bin aufzupassen, dass ich niemandem auf die Füße trete.

Nein, was ich meinte ist, dass sich so langsam herauskristallisiert, wer sich selbst total überschätzt hat und wer nicht. Es mag sich jetzt pathetisch anhören, wenn ich schreibe, dass reihenweise Menschen umfielen. Es ist aber nunmal so gewesen, und ich habe fast schon Mitleid mit dem Rettungsdienst, der sich die Betreuung des Laufevents bestimmt entspannter vorgestellt hat.

Ich beiße die Zähne zusammen und laufe einfach weiter, und irgendwann kann ich die Feldherrenhalle sehen. „Noch 600 Meter“ denke ich mir, nehme am Wegrand die Notärzte wahr, die zum Teil ohnmächtig zusammengebrochene Läufer versorgen, blende das wieder aus, freue mich über die Menschenmengen, die am Wegrand stehen und gebe noch einmal richtig Gas. Also, für meine Verhältnisse zumindest.

Die Ziellinie überquere ich mit einer Nettozeit von 1:53:37, worauf ich echt stolz bin, denn ich habe gleich mehrere Ziele erreicht. Erstens kann ich an das Thema Halbmarathon einen Haken machen, denn ich bin ihn durchgelaufen, zweitens bin ich unter zwei Stunden geblieben und ohne gezieltes Training wird da auch nicht mehr drin sein. Drittens habe ich mir selbst bewiesen, dass ich auch zunächst unmöglich erscheinende Dinge schaffen kann – ich muss halt nur mal die Zähne zusammenbeißen und an mich selbst glauben. Das ist die wichtigste Lektion, die ich heute für mich gelernt habe.

Der modernen Technik sei Dank könnt ihr hier meine Laufstrecke (oben rechts im Fenster auf den Button „Nacherleben“ klicken, dann gibt’s sogar noche eine ganz nette Animation) nachschauen.

Übrigens: Wer mal Lust auf eine schöne Fahrradtour im Herzen Münchens hat, dem kann ich die Streckenführung nur wärmstens empfehlen!

Ach ja: Der Vollständigkeit halber – DA IST DAS DING!!!!

StadtlaufMuenchen2015

Wings for Life World Run 2015, oder: Was mache ich hier eigentlich?

„Was mache ich hier eigentlich?“ Unbewusst wische ich mir mit dem rechten Arm über die Stirn und merke im nächsten Moment, wie sinnlos das war. Hätte ich meine Stirn trocknen wollen, so wäre das ein ziemlich erbärmlicher Versuch gewesen. Es ist ja nicht nur so, dass mein rechter Arm bis knapp unterhalb des Ellbogens eingegipst ist. Nein, überdies zeigt der Gips auch leichte Auflösungserscheinungen.

*Plitsch*… *Plitsch*… Unermüdlich bombardiert mich der Himmel mit kleinen Bomben, die auf meiner Brille explodieren oder sich den Weg von meinem Haar durch mein Gesicht bahnen.

Erneut zischt die Frage aller Fragen durch meinen Kopf. „Was mache ich hier eigentlich?“. Da höre ich einen lauten Knall – ein Schuss ist gefallen und eine Lawine löst sich. Da fällt sie mir wieder ein, die Antwort: Ich laufe. Und mit mir noch etwa viertausend andere Verrückte in München, weitere dreitausend in Darmstadt und insgesamt über einhunderttausend Menschen weltweit. Alle zur gleichen Zeit, und zwar jetzt. Da habe ich ja noch mal Glück gehabt, dass ich in München starte – in Santa Clara (Kalifornien) ist es jetzt 04:00 morgens und auch dort ist soeben der Startschuss gefallen. Ich schaue meinen Chef an, der neben mir steht, er schaut mich an, wir nicken uns zu und es geht los.

Mein Ziel, die fünf Kilometer locker zu laufen und die zehn Kilometer zu versuchen, rückt in weite Ferne. Ich bin nass bis auf die Knochen, am liebsten würde ich kurz die Schuhe ausziehen um das Wasser auszuschütten, dass sich inzwischen darin gesammelt hat. Das T-Shirt klebt an meinem Körper und meine Hose traktiert meine Beine, indem sie immer wieder gegen selbige schlägt, was sich aufgrund der Nässe wie Peitschenhiebe anfühlt. Ich habe nur eine Chance: Ich muss gleich zu Beginn möglichst viel Tempo machen, damit ich dem Ziel so weit wie möglich voraus bin.

wingsforlife_mapDamit bin ich dann auch schon bei der Besonderheit dieses Laufes angelangt: Die Strecke beginnt im Münchner Olympiapark und führt quer durch die Pampa durch viele schöne kleine Ortschaften bis nach Diessen am Ammersee, wo sie nach 103 Kilometern endet. Kein Mensch wird jemals diese Distanz laufen, weshalb das Prinzip des Rennens besagt, dass den Läufern ein Catcher Car hinterher fährt und für den Läufer das Rennen in dem Moment beendet ist, in dem er vom Catcher Car überholt wird.

Deswegen also Vollgas, und zwar so lange wie möglich. Nach einem Kilometer verfluche ich mich dafür, dass ich einen Trainingsanzug inklusive Jacke, ein Funktionsshirt und ein Baumwollshirt trage – obwohl es wie aus Eimern schüttet schwitze ich wie… naja, ihr wisst schon.

Bei Kilometer sechs lege ich eine melodramatische Szene hin vom allerfeinsten. Mein Kollege dreht sich (wie alle paar Minuten zuvor schon) zu mir herum um zu schauen, ob ich noch im Rennen bin, da werfe ich ihm einen Blick zu, der soviel sagt wie: „Lauf um Dein Leben! Kümmere Dich nicht um mich, für mich ist es zu spät“. Wir verstehen uns wortlos, nicken uns zu, er gibt Gas und ich falle langsam aber stetig zurück. Das ist das letzte Mal, dass wir uns an diesem Tag sehen… Okay, genug der Dramatik.

Nachdem ich ein wenig das Tempo reduziert habe, merke ich, wie mein Körper plötzlich auf Autopilot stellt. Die erste Shuttlebus-Station bei Kilometer acht passiere ich locker, was mich selbst ein wenig beeindruckt. Ich weiß nicht, wo die Reise hingehen wird, aber ich fühle, dass die Geschichte hier noch nicht zu Ende erzählt ist. Mein Lauftempo variiere ich von Zeit zu Zeit, was dazu führt, dass ich ständig vertraute Gesichter sehe. Diejenigen, die ich von einiger Zeit überholt habe, konnten mittlerweile wieder zu mir aufschließen und fast fühlt es sich an, als würden wir im Team laufen. Menschen, die sich vorher noch nie gesehen haben, schließen sich wortlos zu kleinen Gruppen zusammen.

Kleine Gruppen gibt es aber auch abseits des Spielfeldes: Immer wieder stehen Anwohner im strömenden Regen am Straßenrand und jubeln uns zu, feuern uns an und ermutigen uns weiterzulaufen. Plötzlich sehe ich am Horizont eine Verpflegungsstation. Es ist bereits die zweite des Laufes. Sollte ich wirklich schon die zehn Kilometer gelaufen sein? Tatsächlich passiere ich kurz darauf die Zehn-Kilometer-Marke und gönne mir zur Belohnung zwei Becher Elektrolytgetränk. An dieser Stelle sei mir bitte die Frage erlaubt, wer auf die grandiose Idee gekommen ist Getränke mit rosa Farbstoff zu verteilen. Da ich nun mal nicht multitasking-fähig bin und dennoch versuche beim Laufen zu trinken, landet die Hälfte des Bechers direkt auf meinem weißen T-Shirt. Kurz ärgere ich mich darüber, dann fällt mir auf, dass die rosafarbene Lösung glatt an meinem triefendnassen Shirt abperlt, woraufhin mir dann auch alles egal ist.

Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass es regnet? Okay, ich wollte es ja nur noch mal erwähnt haben. Gerade habe ich eine ganze Samba-Combo passiert, die mit riesigen Trommeln am Wegesrand steht und fleißig Musik macht. Die Schwung nehme ich mit und so werde ich weitere wichtige Meter über den Asphalt getragen. Bei der nächsten Zuschauergruppe mache ich mich dezent unbeliebt. Die machen gerade Pause von ihren Anfeuerungsrufen und haben die Krachinstrumente beiseite gelegt. Ich rufe ihnen zu, sie sollen durchhalten, es kämen noch etwa eintausend Läufer. Die Zuschauer gucken grimmig. Sie fanden es wohl nicht witzig…

 

Irgendwann, ich weiß weder wie lange noch wie weit ich schon gelaufen bin, erst recht weiß ich nicht, wo ich überhaupt bin, setzt mein Gehirn aus. Seit einer Ewigkeit mache ich sowieso nichts anderes als ein Bein vor das andere zu setzen, immer und immer wieder. Das geht auch automatisch, ist nicht so anstrengend und verbraucht nicht so viel Energie.

Plötzlich tut sich etwas um mich herum. Ich erwache aus meiner Trance, schaue hinter mich und sehe am Horizont das Catcher Car. Eigentlich bin ich ja froh, dass es jetzt endlich vorbei ist, trotzdem packt mich jetzt der Ehrgeiz und ich mobilisiere noch einmal meine letzten Kräfte für einen Abschlusssprint. Dabei passiere ich die 17km-Marke, kurz darauf holt mich das Auto ein und das Rennen ist für mich beendet.

17,2 Kilometer! Wahnsinn! Hätte mir jemand vorher gesagt, dass ich 17 Kilometer laufen KANN, ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Hätte mir jemand vorher gesagt, dass ich 17 Kilometer laufen MUSS, ich wäre gar nicht erst angetreten. Und jetzt bin ich sogar ein wenig enttäuscht, dass es schon vorbei ist, denn rein körperlich wäre noch mehr drin gewesen. So ist die Zeit mein Endgegner gewesen. Die nächsten 1,5 Kilometer nutze ich für ein lockeres Auslaufen, denn die Distanz muss ich zurücklegen, da dort der nächste Shuttlebus wartet.

Die Rückfahrt von Eschenried zum Olympiapark dauert fast genauso lange wie das Rennen davor, denn wir haben wohl den einzigen nichtortskundigen Busfahrer erwischt, der uns dafür aber immerhin eine kostenlose Stadtrundfahrt bietet. Die wäre allerdings noch schöner, wenn die Scheiben vom Bus nicht beschlagen wären, dann würden wir auch etwas von der Umgebung sehen.

Im Olympiapark warten schon die anderen auf mich. Ich gönne mir eine Dose RedBull und ein alkoholfreies Radler um meinen Erfolg angemessen zu begießen.

Zu Hause verfluche ich mich eine Woche lang. Die ersten drei Tage dafür, dass ich am Wings for Life World Run 2015 teilgenommen habe, die darauf folgenden vier Tage dafür, dass ich vorher nicht trainiert habe.

 

Muss ich erwähnen, dass ich mich mittlerweile schon für 2016 registriert habe?

Bis dahin hänge ich stolz diese Urkunde an meine Wand, denn ich finde, ich habe sie mir verdient…

WingsForLife2015

Das Leben eines Rockstars

Ich führe das Leben eines Rockstars. Nie hätte ich gedacht, dass ich das noch mal erleben darf, aber heute ist es so weit.

Ludwig9_FinaleDie letzten Akkorde der „Ode an die Freude“ sind gerade noch in der Essener Philharmonie erklungen, das Publikum hat uns mit Standing Ovations belohnt (Fast könnte man sagen: Der Mob hat getobt), da sitze ich auch schon im Auto auf dem Weg zum Bahnhof.

Früher, wenn ich „Wetten, dass?“ im TV gesehen habe (die Älteren unter Euch werden sich noch an diese Zeiten erinnern), habe ich mich immer über die Hollywood-Stars aufgeregt, die sich so wichtig vorkamen, dass sie schon nach kurzem Aufenthalt die Sendung vorzeitig verließen, weil ihr „Flieger schon am Flughafen wartet“. Und heute? Heute verlasse ich die Party vorzeitig um kurz darauf die Ankunft meines Tourbusses zu erwarten. Okay, es ist kein Tourbus, sondern ein CityNightLine, aber ein bißchen Glamour hat das ja schon.

CityNightLineWenn ich morgen früh wach werde, bin ich bereits in Augsburg. Physisch zumindest. In Gedanken werde ich noch lange in anderen Sphären sein: Bei einem unvergleichlichen Orchester, mit dem ich ein Programm erarbeiten durfte, das für mich selbst schwer zu toppen sein wird. Und bei tollen Menschen, von denen ich einige schon wieder vermisse, kaum dass sich unsere Wege getrennt haben.

Danke an Euch alle, dass ihr diese Zeit für mich zu so etwas großartigem gemacht habt!

Gedanklich das Konzert noch einmal nachempfindend begebe ich mich nun ins Bett.

Gute Nacht Euch allen!